Der Streit um die Bundeshymne wird vor Gericht landen. Der Sessler-Verlag hat am Montag beschlossen, das Unterrichtsministerium wegen Christina Stürmers Töchter-Version auf Unterlassung zu klagen.

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Wien - Die neue Version der Bundeshymne, in der Christina Stürmer für einen PR-Spot des Unterrichtsministeriums von der "Heimat großer Söhne und Töchter" singt, wird ein Fall für das Gericht. Der Sessler-Verlag, der die Rechte des ursprünglichen Textes der Dichterin Paula von Preradović besitzt, hat am Montagabend beschlossen, das Ministerium auf Unterlassung zu klagen. Zuvor hatte man dort eine Frist auf Rücknahme des Werbespots verstreichen lassen und keinerlei Einlenken signalisiert

"Der Verlag wird auf jeden Fall klagen. Er will die Sache geklärt wissen" , sagte Anwalt Georg Zanger dem Standard.

Verlag moniert drei Vergehen

Der Spot des Unterrichtsministeriums hat mit der geänderten Version der Bundeshymne für Wirbel gesorgt. Der Sessler-Verlag verlangte daraufhin vom Ministerium eine Unterlassungserklärung, dieses lehnte ab.

Tage später distanzierte sich Koschka Hetzer-Molden, eine Erbin nach der Textdichterin Paula von Preradović, jedoch von diesem Ansinnen. Allerdings hatte Hetzer-Molden, die Witwe von Preradović‘ Sohn Otto, gemeinsam mit ihrem Schwager Fritz Molden die Rechte 2006 an den Sessler-Verlag für eine finanzielle Entschädigung abgetreten. "Sie hat wahrscheinlich den Vertrag vergessen" , meint Verlagsgeschäftsführer Ulrich Schulenburg dazu. Der Verlag sei eben verpflichtet, die Autorenrechte zu schützen.

Zanger vertritt neben dem Verlag auch Fritz Molden, der die Veränderung des Textes ebenfalls ablehnt. Die Schwägerin könne ihn nicht daran hindern, eine Verletzung der Urheberrechte des Werkes seiner Mutter juristisch zu verfolgen, betonte Zanger. "Für Änderungen zum Text müssten also beide zustimmen" , erläutert er.

Konkret ortet Schulenburg drei Vergehen bei der Hymnen-Version Stürmers: Neben der inkriminierten Textverfälschung sieht er auch die nicht bezahlte Werbung mit literarischen Zitaten sowie die Verfälschung der Musik durch die Rock-Interpretation als Problem an, denn der Verlag besitzt auch die Rechte am Notenmaterial der Chor- beziehungsweise Orchesterbearbeitung.

Hymne kein amtliches Werk

Für Zanger ist die Rechtslage nach dem österreichischen Urheberrecht eigentlich ganz klar: Die Bundeshymne sei kein amtliches Werk im gesetzlichen Sinne. Preradović habe zwar vor ihrem Tod 1951 die Verwertungsrechte der Republik übertragen, dies beinhalte aber kein Recht auf Änderung des Textes. Erst 70 Jahren nach ihrem Ableben, also im Mai 2021, läuft der Urheberschutz aus, dann kann die Republik den Text beliebig ändern.

Das Urheberrecht kenne nur wenige Möglichkeiten, ein Kunstwerk ohne Zustimmung der Rechteinhaber zu verändern - etwa in Form einer Parodie, bei einer Neuschöpfung oder im Fall von Änderungen, die im "redlichen Verkehr" den geltenden Gewohnheiten entsprechen. Nichts davon aber treffe in diesem Fall zu. Vertretbar sei zwar eine Textkürzung, etwa für eine Theateraufführung, nicht aber eine Einfügung. Vor allem den Einsatz der veränderten Hymne als Werbe-Jingle hält Zanger für eindeutig rechtswidrig.

Im Unterrichtsministerium sah man den rechtlichen Schritten "vollkommen gelassen" entgegen. Der Spot mit Christina Stürmers Pop-Version der Bundeshymne im Rahmen der Kampagne für die "Bildungsreform für Österreich" wird nicht gestoppt, bekräftigte ein Sprecher von Ministerin Claudia Schmied (SPÖ). Im Gegenteil: Er soll - wie geplant - "bis Mitte März" weiterlaufen. (Eric Frey/DER STANDARD, Printausgabe, 26.1.2010)