Das Erbe des Kriegs: Die große Moschee von Shushi (oder Shusha für die Aserbaidschaner) in Berg-Karabach liegt in Ruinen. Etwa ein Viertel der Bevölkerung der Exklave war vor dem Krieg von 1991 aserbaidschanisch.

Foto: Bernath

Wien/Sotschi - Russlands Präsident Dmitri Medwedew hat einen weiteren und offenbar erfolgreichen Versuch unternommen, den Konflikt um die armenische Exklave Berg-Karabach zu lösen. Bei einem Treffen mit Medwedew in Sotschi vereinbarten die Präsidenten Armeniens und Aserbaidschans, Serge Sarkisian und Ilham Alijew, die Präambel eines künftigen Abkommens über das strittige Territorium. Das gab der russische Außenminister Sergej Lawrow nach dem Dreiergipfel bekannt.

Bereits im November 2008 hatten Sarkisian und Alijew unter Vermittlung Medwedews eine Gewaltverzichtserklärung unterschrieben. Moskaus neues Engagement in dem seit 20 Jahren andauernden Konflikt war als Versuch verstanden worden, Russlands Image nach dem Krieg gegen Georgien aufzupolieren, aber auch seine politische Macht im Südkaukasus zu demonstrieren.

Verbindung mit Grenzöffnung

Armenien und Aserbaidschan hatten Anfang der 1990er-Jahre einen Krieg um Karabach geführt; Armenien gewann die Auseinandersetzung und hält seither auch ein Fünftel von Aserbaidschan besetzt. Eine Lösung des Karabach-Konflikts ist nun mit der Öffnung der türkisch-armenischen Grenze verbunden. Diese Bedingung stellt zumindest Ankara - in dem armenisch-türkischen Normalisierungs-Protokollen vom Oktober 2009 ist davon nicht die Rede. Auch der russische Außenminister drängte auf die Normalisierung zwischen Armenien und der Türkei. Eine "künstliche Verbindung" zwischen Grenzöffnung und dem Streit um Karabach sei nicht korrekt, sagte Lawrow.

Das armenische Verfassungsgericht billigte Mitte Jänner die Protokolle, versah sie aber mit einer Präambel, in der Armeniens Forderung nach internationaler Anerkennung des Genozids von 1915 enthalten ist. Der türkische Außenminister Ahmet Davatoglu sah darin ein neues Hindernis für die Ratifizierung der Protokolle durch das Parlament. Ein "unehrliches Verhalten", meinte der renommierte US-armenische Politikwissenschafter Richard Giragosian in Beiträgen, die am Montag in zwei türkischen Tageszeitungen erschienen sind. (mab/DER STANDARD, Printausgabe, 26.1.2010)