Es wäre ein idyllisches Bild (verschneite Hofburg), wenn es nicht ernst wäre: Die Studenten protestieren wieder gegen die unzumutbaren Zustände auf den Unis. Sie haben eine neue Adressatin: Beatrix Karl, die neue Wissenschaftsministerin (ÖVP).

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Ungefähr 50 protestierende Studierende versammelten sich am Ballhausplatz.

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Alles, was bisher von Karl gekommen sei, sei eine Provokation, sagt ÖH-Chefin Maurer.

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"Das einzig Positive ist, dass sie aus dem Universitätsbereich kommt", sagt eine der StudentInnen, die der neuen Wissenschaftsministerin Beatrix Karl einen speziellen Empfang auf ihrem Weg zur Angelobung in der Hofburg bereitet haben. Am Ballhausplatz standen Dienstagfrüh ungefähr 50 Demonstranten und skandierten beim "Live-Scream" ihre bewährten Parolen: "Wessen Uni? Unsere Uni!" und "Wir sind hier und wir sind laut, weil man uns die Bildung klaut".

"Ich denke, sie wird Hahns Kurs fortsetzen. Dass das", sagt die 20-Jährige, und zeigt auf die anderen Demonstranten, "von der Audimax-Besetzung übriggeblieben ist, ist traurig".

Audimaxismus im Verborgenen

Tatsächlich ist es rund um die Protestbewegung, die Ende Oktober 2009 begonnen hatte, still geworden. Doch einzelne Aktionen - wie etwa bei der Präsentation der Ministerin am Montag, als Studenten des Raumes verwiesen wurden oder eben die Protestkundgebung bei der Angelobung - zeigen, dass es für die Studierenden noch lange nicht vorbei ist. "Es stimmt nicht, dass die Bewegung tot ist", sagt Sigrid Maurer vom ÖH-Vorsitzteam im derStandard.at-Gespräch. "Im Hintergrund wird hart gearbeitet". Auch eine Audimax-Besetzerin sagt: "In den Arbeitsgruppen an den Instituten geht mehr weiter als im Hochschuldialog (den Karls Vorgänger Johannes Hahn einberufen hatte, Anm.) ". "Was die Institute von sich aus durchführen können, machen sie auch", sagt die Aktivistin.

"Unglaubliche Provokation"

Für Maurer sind die bisherigen Äußerungen der Neo-Ministerin jedenfalls "eine unglaubliche Provokation". Denn als Lösungen für die Probleme an den Universitäten habe Karl "genau jene Punkte vorgeschlagen, wegen derer die Studierenden auf die Straße gegangen sind". Diese Punkte waren Zugangsbeschränkungen und Studiengebühren. Die ÖH-Chefin schließt auch nicht aus, dass es jederzeit zu weiteren Protesten und Besetzungen kommen könnte: "Wenn Karl glaubt, dass die Proteste vorbei sind, dann hat sie sich geschnitten".

Die Uni-Proteste hätten "die größte bildungspolitische Diskussion seit Jahrzehnten" ausgelöst. "Die Frage ist, wie sich Karl einbringt und ob sie verbindlich auf die Forderungen aller Beteiligten eingeht", sagt Maurer.

Programm am Freitag

Noch hat Karl ihr genaues Programm noch nicht präsentiert. Im Standard-Interview hat sie ihren Plan zwar umrissen, doch sie will ihn erst am Freitag im Parlament in allen Details vorstellen.

Die Hochschülerschaft hat die Ministerin inzwischen ins Audimax eingeladen. Am 3. Februar soll sie in der "akademischen Fragestunde" den Studierenden Rede und Antwort stehen. Eine Zusage hat die ÖH noch nicht, doch hatte Karl einen Besuch in diversen Interviews nicht ausgeschlossen.

Die Vorbereitung auf die nächsten großen Proteste beginnen seitens der Studierenden am Wochenende: Am Samstag wollen sie planen, wie sie den Politikern das zehnjährige Bologna-Jubiläum, das im März in Wien gefeiert wird, wie sie selber sagen, "vermiesen".

Was eine neuerliche Besetzung betrifft, so sind die Aussagen der anonymen "Uni-brennt"-Aktivisten nicht so eindeutig: "Das werden wir sehen", sagt eine Besetzerin zu derStandard.at.

Polizisten schoben Überstunden

Dass die Besetzungen nicht nur das Wissenschafts-, sondern auch das Innenressort beschäftigt haben, zeigt eine aktuelle Anfragebeantwortung von Innenministerin Maria Fekter: Die Studentenproteste haben die Exekutive insgesamt 15.344 Arbeitsstunden gekostet. Zwischen 22. Oktober und 31. Dezember hielten die Hörsaal-Besetzer beziehungsweise Demonstranten 2.234 Exekutivbedienstete auf Trab, die dabei 7.815 Stunden Überstunden erbrachten. (Marijana Miljkovic, derStandard.at, 26. Jänner 2010)