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Deutschland schickt im Rahmen des internationalen Isaf-Einsatzes noch mehr Soldaten nach Afghanistan.

Foto: APA/EPA/Kneffel

Berlin/Kabul - Trotz der heftigen Kritik der Opposition und der wachsenden Ablehnung in der Bevölkerung hat die deutsche Bundesregierung die Entsendung von weiteren 850 Soldaten nach Afghanistan beschlossen.

Kurz vor der internationalen Afghanistankonferenz in London am Donnerstag stellte Bundeskanzlerin Angela Merkel den weiteren Weg des deutschen Militäreinsatzes klar: mehr Soldaten, mehr Geld für die Ausbildung der afghanischen Armee und Polizei und ab 2011 ein schrittweiser Abzug der Bundeswehr. Die SPD will 2015 als Datum für den Totalabzug festlegen. Bei einem Selbstmordanschlag auf eine US-Basis bei Kabul wurden am Dienstag sechs Menschen verletzt.

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Man kann nicht sagen, dass der deutsche Außenminister Guido Westerwelle (FDP) am Donnerstag mit geheimen Plänen zur internationalen Afghanistan-Konferenz nach London reist. Gleich vier Pressekonferenzen von deutschen Regierungsmitgliedern fanden am Dienstag in Berlin statt. Deren Motto: maximale Transparenz - die skeptischen Bürger sollen gut informiert werden.

Den Anfang machte Kanzlerin Angela Merkel selbst. Sie verkündete, dass Deutschland noch einmal 850 Soldaten an den Hindukusch schicken wird. 500 davon sollen unmittelbar für den Schutz der Bevölkerung und für die Ausbildung der örtlichen Sicherheitskräfte eingesetzt werden. Weitere 350 bilden eine Reserve, um die anstehenden Parlamentswahlen im Land abzusichern.

Derzeit sind in Afghanistan maximal 4500 deutsche Soldaten im Einsatz. Bisher hatte Deutschland mit der Entsendung von noch mehr Kräften gezögert, obwohl die USA seit Jahren drängen. Nun jedoch lautet die neue Strategie: Wenn wir eines Tages aus dem Land rauswollen, müssen wir zuvor noch einmal investieren.

Vor allem die FDP hatte sich gegen eine bloße Aufstockung der Truppe gewehrt, Außenminister Westerwelle sogar gedroht, nicht zur Konferenz zu reisen, sollte dies die deutsche Strategie sein. Doch nun ist klar: Deutschland engagiert sich auch auf anderen Feldern stärker. Statt 280 werden künftig 1400 deutsche Soldaten ihre afghanischen Kollegen ausbilden - und dabei mehr Gefahren auf sich nehmen.

Laut Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) wird von den deutschen Kräften erwartet, "dass man mehr Präsenz in der Fläche zeigt" . Sie sollen ihre Lager öfter verlassen und mit den Afghanen auf Patrouille gehen. Allerdings, so Guttenberg, müssten sie nicht (wie die Amerikaner) "Poncho und Isomatte mit den Afghanen teilen" .

Mehr deutsche Polizisten

Aufgestockt wird auch die Zahl der Polizisten, die Kollegen ausbilden - von 123 auf 200 Kräfte. Zur Strategie "Von allem etwas mehr" gehören auch zusätzliche finanzielle Mittel. Berlin verdoppelt die Gelder für den Wiederaufbau auf knapp 430 Millionen Euro und zahlt in den nächsten fünf Jahren pro Jahr fünf Millionen Euro in einen internationalen Fonds zur Wiedereingliederung Aufständischer.

Ein direktes Abzugsdatum nennt Merkel nicht. Aber sie macht deutlich, dass sie den afghanischen Präsidenten Hamid Karsai in seinem Bestreben unterstützt, dass die Afghanen 2014 allein die Verantwortung in ihrem Land übernehmen können. Mit dem Abbau des deutschen Kontingents soll 2011 begonnen werden. (Birgit Baumann aus Berlin/DER STANDARD, Printausgabe, 27.1.2010)