Wien - Ab Herbst werden weitere 196 Klassen an 75 Standorten den Schulversuch Neue Mittelschule (NMS) anbieten. Das hat die Approbationskommission zur NMS im Unterrichtsministerium am Montagnachmittag beschlossen. In Kärnten, Oberösterreich und Tirol wurden aufgrund der Zehn-Prozent-Grenze für Schulversuche insgesamt 68 Anträge abgelehnt, das entspricht ca. der Hälfte der eingereichten Ansuchen in diesen Ländern. Insgesamt gibt es damit ab dem Schuljahr 2010/11 320 NMS-Standorte mit rund 35.000 Schülern in 1.650 Klassen, neue Standorte für den Schulversuch sind damit nicht mehr möglich.

Oberösterreich hat die meisten Standorte

Die meisten neuen NMS-Standorte gibt es 2010/11 in Oberösterreich (26), Tirol (25) und Kärnten (13). Salzburg hat fünf neue Standorte, Niederösterreich drei, die Steiermark zwei und Wien einen. Abgelehnt wurden 29 Anträge aus Oberösterreich, 26 aus Tirol und 13 aus Kärnten.

Abgelehnt werden mussten Anträge, weil im Gesetz eine Klausel verankert ist, die vorsieht, dass bundesweit maximal zehn Prozent der Pflichtschulen in NMS umgewandelt werden dürfen. Unterrichtsministerin Claudia Schmied wollte diese Grenze abschaffen oder die Grenze auf 20 Prozent anheben, die ÖVP hingegen erst eine Evaluierung abwarten. Schmied bedauerte deshalb, dass "wir zahlreiche engagierte Schüler, Eltern und Lehrer vorerst in ihrem Reformeifer bremsen müssen. Der Koalitionspartner hat hier noch eine ablehnende Position eingenommen, die ich zur Kenntnis nehmen muss."

Kriterien bei der Auswahl

Bei der Auswahl der Standorte wurden unter anderem die Übereinstimmung mit den genehmigten Rahmenmodellplänen (Kooperation mit AHS/BHS, Abstimmung an den Standorten, Individualisierung, keine Leistungsgruppen, Integration, Kulturprojekte etc.), die pädagogische Qualität der Konzepte, regionale Rahmenbedingungen (Bedarf/Elterninteresse, Rücksicht auf regionales Schulangebot/Schulsprengelaspekte), die Bereitschaft zur Kooperation mit dem BIFIE sowie Entwicklungserfahrung und Motivation am Standort berücksichtigt.

Die meisten NMS-Standorte gibt es im dritten Jahr des Schulversuchs in Vorarlberg (51), gefolgt von Niederösterreich (50), Oberösterreich (48), Steiermark (37), Kärnten (36), Tirol (33), Burgenland (28), Wien (22) und Salzburg (15).

Kritik aus Tirol und Oberösterreich

Kritik an der Ablehnung von Anträgen kommt aus Tirol und Oberösterreich. Die Vorgehensweise der Bundesregierung ist für den Tiroler Landeshauptmann Günther Platter "nicht akzeptabel". "Das ist keine Art, kein Stil", übte Platter am Dienstag auch an den eigenen Reihen Kritik: "Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen". Tirol hatte sich um insgesamt 51 neue Standorte beworben, aber lediglich 25 zugesprochen bekommen.

"Zuerst ermuntert man Schulen, sich zu bewerben, und dann wird die landesweite Zehn-Prozent-Regelung in eine bundesweite abgeändert", kritisierte der Tiroler Landeshauptmann. So könne man nicht mit den Ländern umgehen.

Auch in Oberösterreich, will Landesschulratspräsident Fritz Enzenhofer "weiterkämpfen". Schmied "beharrt offenbar auf ihrem Standpunkt 'alles oder nichts' ", sagte Enzenhofer. "Weil sie sich nicht mit ihrem Wunsch auf Aufweichung der gesetzlichen Höchstgrenze von zehn auf 20 Prozent durchsetzen kann, strich sie einen Teil der eingereichten Versuche in Oberösterreich und Tirol, obwohl die gesetzliche Zehn-Prozent-Grenze noch gar nicht ausgeschöpft ist." Die SPÖ wiederum machte die ÖVP für die Ablehnung der Anträge verantwortlich. 

Scheuch verärgert

Verärgert über die Ablehnungen zeigte sich auch Kärntens Bildungsreferent Uwe Scheuch (FPK). Er richtete seine Kritik an die Bundesregierung und forderte in einer Aussendung am Montag ein "Ende der Blockadepolitik". Scheuch kündigte an, das Gespräch mit Unterrichtsministerin Claudia Schmied zu suchen. "Das Bildungsministerium hat uns in den Verhandlungen der letzten Wochen ja auch bereits vier Standorte mehr zugesagt als die jetzt genehmigten 13. Dass jetzt alles anders sein soll, weil sich die Bundesregierung selbst nicht einigen kann oder will, ist völlig unverständlich", so Scheuch.

Grüne für frühe Evaluierung

Einen anderen Zugang haben die Grünen. Ihr Bildungssprecher Harald Walser schlug in einer Aussendung vor, die für 2012 vorgesehene Evaluierung der Schulversuche vorzuziehen. Eine solche war zuletzt die Bedingung der ÖVP für ein Anheben der Zehn-Prozent-Grenze. Man dürfe keine Zeit für die Einführung einer gemeinsamen Schule der Zehn- bis 14-Jährigen verlieren. (APA, red)