Rüsselsheim - Der Sanierungsplan für den krisengeschüttelten Autobauer Opel ist fertig - doch die Mitarbeiter laufen gegen die geplante Werkschließung in Antwerpen Sturm. Dessen ungeachtet erwartet Unternehmenschef Nick Reilly, dass das Konzept im Februar unterzeichnet werden kann. "Jetzt geht es nur noch darum, zu einer abschließenden Einigung (mit den Gewerkschaften und Betriebsräten) zu kommen. Ich hoffe, das wird in den kommenden zwei bis drei Wochen passieren", sagte Reilly am Dienstag in Rüsselsheim. Die Verhandlungen sollen kommenden Montag fortgesetzt werden.

Zunächst blockieren Gewerkschaften und Betriebsräte aus Protest gegen die geplante Werkschließung einen Abschluss. Sie schließen die geforderten Lohnabstriche aus. Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz sagte nach einer Betriebsversammlung in der belgischen Hafenstadt mit Opelanern aus ganz Europa: "Für die Schließung des Werkes hier in Antwerpen wird niemand - weder in Spanien noch England noch in Polen noch sonst wo - einen Cent Arbeitnehmerbeiträge leisten." Franz betonte, dass ihm der Sanierungsplan noch nicht vorliege.

Nach Reillys Worten wird das Konzept derzeit auch von den Regierungen der Opel-Standortländer geprüft. Der Autobauer erwartet für die Opel-Restrukturierung 2,7 Mrd. Euro Staatshilfen. Möglicherweise auch um auch die zuletzt zögerliche Bundesregierung zu einer finanziellen Unterstützung zu bewegen, hat Opel einen neuen Cheflobbyisten engagiert: Der hessische CDU-Politiker und frühere Landesminister Volker Hoff wird das Management des Autobauers Opel von Februar an verstärken. Hoff werde "Vize-Präsident für Regierungsangelegenheiten", erklärte Reilly. Der 52-Jährige war von 2006 bis 2009 als Landesminister zuständig für Bundes- und Europaangelegenheiten.

Optimismus bbei Reilly

Trotz der Proteste der Arbeitnehmer gegen das angekündigte Aus für Antwerpen rechnet Reilly weiter fest mit einem Lohnverzicht der Belegschaft von jährlich 265 Mio. Euro in den kommenden fünf Jahren. Der Beitrag ist neben den Staatshilfen ein wichtiger Bestandteil des 3,3 Mrd. Euro schweren Restrukturierungsplans des Autobauers. Es gilt als wahrscheinlich, dass Reilly den Betriebsräten bei weiteren Forderungen etwa nach einer Umwandlung der Adam Opel GmbH in eine Aktiengesellschaft entgegen kommen muss, wenn er eine Einigung erzielen will.    Betriebsrat und Gewerkschaften lehnen diesen Lohnverzicht ab, wenn das Management an der Werkschließung festhält. Um ihr weiteres Vorgehen zu beraten, trafen sich Opelaner aus ganz Europa am Dienstag in der flämischen Hafenstadt. Sie werten das Aus als Wortbruch. Antwerpen sei der Bau von kleinen Geländewagen zugesagt und eine Bestandsgarantie für den Standort gegeben worden. Daher hätten die Mitarbeiter in Belgien bereits seit 2007 auf jährlich 20 Mio. Euro verzichtet. Den Zuschlag für die kleinen Geländewagen-Modelle hatte aber Südkorea bekommen.

Gegen diese Entscheidung sei eine Klage der Antwerpener Gewerkschaften anhängig, teilten der europäische Betriebsrat und die europäischen Metall-Gewerkschaften in einer gemeinsamen Erklärung mit. Sie machten deutlich: "Wir sind strikt gegen jede Werkschließung und werden unter diesen Umständen keine Opfer bringen."    Reilly verteidigte den Schritt hingegen erneut. "Wir haben 2009 etwa 1,1 Millionen Autos hergestellt, zu guten Zeiten waren es 1,4 Millionen: Selbst wenn wir Antwerpen schließen, haben wir noch immer eine Kapazität von 1,5 Millionen Fahrzeugen", sagte er.    Angesichts des erwartet schwachen westeuropäischen Marktes in den kommenden zwei bis drei Jahren müssten deshalb die Kapazitäten gesenkt werden. "Selbst wenn der Markt anzieht, wir unsere Anteile ausbauen und auch in andere Märkte expandieren, haben wir noch genügend Spielraum in der Produktion", betonte Reilly.    Zwar seien derzeit keine weiteren Werkschließungen geplant. Die Kosten müssten jedoch überall in Europa gedrückt werden, um Opel auch in einem schwachen Marktumfeld profitabel zu machen. Dies strebt Reilly für 2011 an. Bis dahin solle die Belegschaft von 48.000 um rund 8.000 Mitarbeiter verkleinert werden. Ein weiterer Stellenabbau sei nicht vorgesehen.    Die Gespräche mit den Regierungen der Opel-Standortländer über Staatshilfen liefen bereits, sagte der Opel-Chef. "Es ist durchaus denkbar, dass wir nicht den gesamten Betrag (von 2,7 Mrd. Euro) erhalten werden, aber ich erwarte eine beträchtliche Summe." Derzeit reiche die Liquidität des Autobauers bis weit ins zweite Quartal hinein. Deutschland habe ein externes Gutachten gefordert. "Ich erwarte, dass es Ende der kommenden Woche vorliegt", betonte Reilly. Danach werde der Autobauer formal Staatshilfen in Berlin beantragen. (APA)