Wien - Das Justizministerium hat auf das umstrittene Wiener Totschlag-Urteil reagiert, mit dem einem gebürtigen Türken, der seine Frau niedergestochen hatte, wegen seiner Herkunft eine allgemein begreifliche, heftige Gemütsbewegung zugebilligt wurde. (dieStandard.at berichtete) In einem mit 25. Jänner datierten, an sämtliche Oberlandesgerichte, Oberstaatsanwaltschaften und die Korruptionsstaatsanwaltschaft gerichteten Erlass wird dieser Rechtsansicht in aller Deutlichkeit widersprochen.

Das Justizministerium melde sich "ausgegebenem Anlass" und "unvorgreiflich der Rechtsauffassung der unabhängigen Gerichte" zur Auslegung der allgemein begreiflichen, heftigen Gemütsbewegung im Totschlag-Paragrafen 76 Strafgesetzbuch (StGB) zu Wort, heißt es in dem von Christian Manquet, dem Abteilungsleiter für Straflegislative, unterzeichneten Erlass.

Das Justizministerium hält zunächst fest, "dass nach Lehre und Rechtsprechung weder die Ausländereigenschaft im Allgemeinen noch die Herkunft aus einem bestimmten Land für sich genommen den Grad der Heftigkeit einer Gemütsbewegung und die allgemeine Begreiflichkeit einer heftigen Gemütsbewegung zu begründen vermögen".

Zur allgemeinen Begreiflichkeit bedürfe es neben den sonstigen Voraussetzungen "immer auch der Verständlichkeit aus österreichischer Sicht".

In diesem Sinne sei "eine allfällige allein durch die Ankündigung der Scheidung oder Trennung hervorgerufene heftige Gemütsbewegung des Täters unabhängig von seiner Herkunft für sich genommen nicht allgemein begreiflich", betont das Ministerium. Vielmehr würden Gewalthandlungen im Zusammenhang mit Scheidungs- oder Trennungsankündigungen "regelmäßig gegen eine allgemeine Begreiflichkeit einer heftigen Gemütsbewegung sprechen".

Justizministerin Bandion-Ortner hatte erst vor wenigen Tagen die Forderung, sich in die Rechtsprechung einzumischen, scharf zurückgewiesen: "In die unabhängige Justiz einzugreifen, wäre ein Skandal", so Katharina Swoboda, Pressesprecherin von Bandion-Ortner am 19. Jänner. Die Justiz habe Männer und Frauen ebenso gleich zu behandeln wie In- und Ausländer. Es gebe "keine Bevorzugung von Frauen. Es gibt auch Gewalt gegen Männer." .(APA)