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"Lateinamerika und die Karibik sind eine Region des Friedens. Nein zu ausländischen Militärbasen"

Foto: APA/EPA/Varela

Mit der traditionellen Demonstration hat am Montag in Südbrasilien das zehnte Weltsozialforum begonnen. Gut 10.000 Menschen zogen durch die Innenstadt - viel weniger als sonst, denn heuer handelt es sich um kein zentrales Mega-event. Porto Alegre bildet nur den Auftakt für 27 regionale und thematische Foren in aller Welt.

Das Weltsozialforum sei eine Erfolgsgeschichte, findet Mitbegründer Oded Grajew. "Vor dem ersten Forum 2001 wurden wir vom damaligen Präsidenten Fernando Henrique Cardoso als Maschinenstürmer verspottet" , erinnert sich der Ex-Unternehmer. Inzwischen hätten die Neoliberalen abgewirtschaftet, "unsere Forderungen haben die Welt verändert" .

In vielen Bereichen habe sich die staatliche Politik geändert, stellt er fest: "Die gesamtamerikanische Freihandelszone ist vom Tisch, stattdessen reden die großen Länder des Südens bei den G-20 (zwanzig größte Industrie- und Schwellenländer, Anm.) mit. Jene Regierungen, die den Binnenmarkt stärken, die Schulden abgebaut und Handelsbeziehungen diversifiziert haben, sind in der Krise am besten gefahren."

In Porto Alegre liegt der Fokus auf dem internationalen Strategieseminar, auf dem das Spektrum der Globalisierungskritik abgearbeitet wird. João Pedro Stedile von der brasilianischen Landlosenbewegung MST bedauerte, dass es nicht gelungen sei, internationale Massenproteste anzustoßen. Er forderte zudem mehr zivile Hilfseinsätze im Erdbebenland Haiti: "Dort werden Ärzte, Lehrer und Agronomen gebraucht, nicht Soldaten." Präsident Luiz Inácio Lula da Silva solle Trinkwasserzisternen und Saatgut schicken, anstatt die Militärpräsenz aufzustocken.

Die Weltbürgerbewegung sei nicht sichtbar, klagte Attac-Aktivistin Susan George, "wir haben 2009 eine große Chance vertan." Der portugiesische Soziologe Boaventura de Souza Santos sagte, angesichts der "enormen Regenerierungsfähigkeit des Kapitalismus" müsse auch das Weltsozialforum neue Wege gehen. Konsens herrscht darüber, dass Finanzkrise und Klimawandel eine Abkehr vom Raubtierkapitalismus erfordern. So setzen Indianer und Intellektuelle aus den Andenländern Ecuador, Peru und Bolivien auf die Vision vom "guten Leben".

Das Konzept passt zur Debatte um Gemeingüter. Ziel sei eine Gesellschaft, "die jenseits von Markt und Staat Entfaltungsmöglichkeiten für den Einzelnen und bessere Lebensbedingungen bietet", sagte die Referentin Silke Helfrich. (Gerhard Dilger aus Porto Alegre/DER STANDARD, Printausgabe, 27.1.2010)