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Kuljic durfte in Wiener Neustadt den Ball nur tragen.

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Wr. Neustadt - Der 32-jährige Sanel Kuljic sagt, dass er im Fußball Fehler gemacht hat. "Aber dafür, dass ich bei Magna Wiener Neustadt trotz Vertrags und guter Leistungen nicht mehr spielen darf, kann ich wirklich nichts. Ich fühle mich gemobbt, habe mir nichts zuschulden kommen lassen."

Vier, fünf Fehler, vielleicht waren es auch sechs, fallen Kuljic spontan ein. 2007 hätte er in der Schweiz bleiben, das Angebot von Grasshoppers akzeptieren sollen. Aber er wollte weg, die Erfahrungen beim FC Sion waren die schlechtesten, der Präsident ist Gagen schuldig geblieben. "Sein Umgang mit den Menschen war grausig." Kuljic trat aus dem Vertrag aus, Red Bull Salzburg bot einen Kontrakt über vier Jahre an, anderseits ist er der Wiener Austria im Wort gewesen. Die Fifa hielt die Spielgenehmigung zurück, die Austria hat das geregelt, es gab Streitereien mit Salzburg, Kuljic fühlte sich der Austria verpflichtet. "Salzburg wäre gescheiter gewesen."

Wobei es sportlich ganz gut gelaufen ist. Kuljic schoss trotz diverser Verletzungen elf Tore in der Meisterschaft, fünf im Uefa-Cup. Er hat immer und überall getroffen. In Ried, wo er von 2003 bis 2006 engagiert war, 63-mal, er war sogar österreichischer Schützenkönig. Für Sion netzte er zwölfmal in 22 Partien. Und auch im Nationalteam gelangen ihm drei Goals. Josef Hickersberger hatte Kuljic als Stürmer für die Heim-EM fix eingeplant. Nicht geplant war, dass Frank Stronach auf die Austria gepfiffen und seine Ambitionen nach Wiener Neustadt transferiert hat. Er nahm Kuljic mit in die Erste, also zweite Liga. Das war auch das Ende der Teamkarriere. Kapitän Kuljic schoss Magna Wiener Neustadt ins Oberhaus.

Ein weiterer Fehler war wohl, dass er zweimal mit Peter Pacult telefoniert hat und es trotzdem zu keiner Einigung mit Rapid kam. Es lag am Geld.

Kuljic verdiente in Wiener Neustadt gut. Angeblich 500.000 Euro pro Jahr, eventuell ein bisserl mehr oder weniger. Er soll in finanziellen Belangen kein Genie sein, aber das ist ausschließlich sein Problem. Der bis Sommer 2010 gültige Vertrag beinhaltete seltsame Klauseln. Sollte Kuljic es auf 22 Einsätze bringen, verlängert er sich automatisch. Um ein Jahr. Kickt er wieder 22 Mal, folgt ein weiteres. Kuljic hält bei 14 Partien. Und dabei bleibt es.

Im Dezember 2009 wurde Trainer Helmut Kraft vom geschäftsführenden Vereinsboss Ernst Neumann beauftragt, den achtfachen Torschützen Kuljic nicht mehr zu bringen. Er gehorchte. Der mittlerweile geschasste Kraft sagte später, er hätte widersprechen sollen. Aber er sei auch nur Angestellter des Vereins.

Kuljic wurde angeboten, auf rund 70 Prozent seines Einkommen zu verzichten oder sich einen anderen Klub zu suchen, dann wäre die Sache vom Tisch. "Absolut inakzeptabel, so kann man mit Leuten nicht umgehen." Er selbst hätte freiwillig einen 20-prozentigen Abschlag hingenommen. Wiener Neustadt lehnte ab.

Gewerkschafter Rudolf Novotny sieht im Fall Kuljic "eine neue Dimension" erreicht. "Unterste Schublade, Mobbing pur. Das wirft ein schlimmes Bild auf unseren Fußball." Vertragstreue sei, so Novotny, ein Fremdwort. "Vereinbarungen zählen nicht. Es kann nicht sein, dass nur die Klubs bestimmen, wo der Zug hinfährt, und das Risiko nur der Spieler trägt." Novotny verweist auf den Erstligisten Gratkorn, der seinen zehn besten unter Vertrag stehenden Kickern blaue Briefe geschickt hat. "Weil man sie sich nicht mehr leisten will oder kann."

Peter Schöttel, der neue Trainer und Sportdirektor Wiener Neustadts, hat Kuljic abgeschrieben. "Ich habe ihm gesagt, der Verein plant ohne dich. Also spielst du nicht, ich muss ja etwas für die Zukunft aufbauen. Man soll das nicht künstlich dramatisieren, so ist das Geschäft, ich sehe darin kein Mobbing." Er, Schöttel, verstehe aber, "dass Sanel das nicht versteht. Er hat auch brav trainiert." Prinzipiell dürften solche Verträge nicht mehr abgeschlossen werden.

Kuljic selbst ist "verbittert. Ich fühle mich missbraucht, weiß gar nicht, was ich denken soll, meine Welt ist aus den Fugen geraten." Ins Trainingslager nach Belek wurde er nicht mitgenommen, er durfte sich bei dem Amateuren in Schuss halten. Novotny: "Trainiere müssen sie ihn ja lassen."

Mittlerweile hat Kuljic einer sofortigen Vertragsauflösung zugestimmt. Offiziell einvernehmlich. Die Zeit bis Sommer als toll bezahlter Trainingsgast abzusitzen, war halt doch keine Alternative. Eine Klage wegen Mobbings hätte wenig gebracht, Kuljic wäre, unabhängig vom Urteil, als Querulant verschrien. Der (unfreiwillige) Transfer zur Admira ist fast fix, eine Art Happy End naht.

Kuljic wusste, dass er ohne Spielpraxis nicht besser würde. Kurz hat er überlegt, aus dem Fußballgeschäft auszusteigen, sich anderweitig zu orientieren. "Aber ich bin noch zu süchtig nach dem Toreschießen." (Christian Hackl - DER STANDARD PRINTAUSGABE 27.1. 2010)