STANDARD: Sie meinen, der Fund der Gauß-Briefe und der Messsysteme könnte Anlass sein, in Österreich endlich ein Wissenschaftsmuseum zu gründen? Warum?
Michor: Als uns die Sammlung von Messinstrumenten und die Gauß- Briefe im August 2009 das erste Mal vorgeführt wurden, dachte ich sofort an das Science-Museum der Harvard-Universität, das ich mehrmals im Jahr sehe: Im Science Center der Uni gibt es einen Raum von 150 Quadratmetern - vollverglast. Der ist voll von Messinginstrumenten. Das ist das Science-Museum. Wer hinein will, muss ins Department of History of Science. Ich dachte mir, dass die Sammlung des Nachlasses schon allein ausreichen würde, um ein österreichisches Science-Museum besser zu bestücken als jenes in Harvard.
STANDARD: Könnte man dieses Museum noch größer anlegen?
Michor: Das wäre vor allem eine Kostenfrage. Sammlungsstücke gäbe es genug. Zum Beispiel an der Universität Wien sind noch weitere Sammlungen historischer Instrumente aus dem 19. Jahrhundert zu finden. Ein mögliches Science-Museum könnte wohl mit den besten der Welt mithalten, etwa dem Conservatoire des Arts et Métiers in Paris, wo das Foucault'sche Pendel hängt und spielt. Dieses Museum könnte auch einige Grundlagen der exakten Naturwissenschaften einer breiteren Öffentlichkeit nahebringen, wie die geplanten Wissenschaftsmuseen in Tschechien, die sich an Schulkinder wenden.
STANDARD: Es gibt hierzulande das Technische, aber kein rein wissenschaftliches Museum. Warum?
Michor: In der Öffentlichkeit sind die exakten Naturwissenschaften nicht präsent. Möglicherweise ist das Interesse an Musik und Geschichte so ausgeprägt, dass nicht viel Aufmerksamkeit übrig bleibt. Ganz hoffnungslos ist es nicht: Rudolf Taschners Mathspace ist sehr erfolgreich. (DER STANDARD, Printausgabe, 27.01.2010)