Haben Sie sich beim ORF-Gesetz über den Tisch ziehen lassen? Die Frage ging vorigen Mittwoch an ÖVP-Klubchef Karlheinz Kopf. Es antwortete - Medienstaatssekretär Josef Ostermayer (SPÖ). Er wies die Frage zurück, bevor Kopf Luft geholt hatte. Jener Ostermayer, der die ÖVP im Herbst so geschickt hinübergezogen hat.

Den sicheren Stand dafür verlieh Ostermayer die Gewissheit: Wenn alles bleibt, wie es ist, wächst 2010 die rote Mehrheit im Stiftungsrat. Dank roter Mobilisierungskraft bei der Alibi-Faxwahl von sechs Publikumsräten, und weil der Bundeskanzler 17 der 35 Publikumsräte aussucht. Die 35 wählen sechs Vertreter in den entscheidenden Stiftungsrat. Als Flaschenzug für die ÖVP verwendete Ostermayer Richard Grasls Aufstieg zum ORF-Finanzdirektor. Nichts wünschte sich Niederösterreichs ÖVP sehnlicher.

Wer gezogen wird, lernt etwas übers Ziehen. Die SPÖ hievte ihr Faustpfand früh auf den Küniglberg. Die ÖVP steht seither fester. Für neue Wünsche, roten Mehrheiten in der Öffentlichkeitsmaschine ORF schwarze Gegengewichte gegenüberzustellen. Wie antwortete Ostermayer letztens für Kopf? "Wir denken nicht in Kategorien von Sieger und Verlierer." Das hilft ihm jetzt bestimmt im munteren Poker um offizielle und personelle Forderungen. Wie beschreibt Kanzler Werner Faymann das Ziel? "Einen unabhängige ORF garantieren." Unverkennbar. (Harald Fidler/DER STANDARD; Printausgabe, 27.1.2010)