Er sei sein ganzes Leben lang auf der Flucht gewesen, sagt Kazimierz Piechowski zu Beginn der Dokumentation "Die Flucht". Zuerst vor den Nazis, später vor den Roten und dann vor dem Leben als solchem.

Am Dienstag zeigte 3sat anlässlich des internationalen Holocaust-Gedenktages am 27. Jänner einen Film von Marek Tomasz Rawlowski über die spektakuläre Flucht eines Quartetts polnischer Gefangener aus dem KZ Auschwitz.

Kazimierz Piechowski, zur Zeit der Dreharbeiten 83 Jahre alt und der letzte Überlebende der vier, war dazu in das frühere KZ zurück gekehrt. Bei einem Rundgang durch diesen Ort des Schreckens erzählte er seine Geschichte, die begann, als er als jugendlicher Pfadfinder von den Nazis verhaftet und nach Auschwitz gebracht worden war. Er berichtete von Zwangsarbeit, systematischer Aushungerung der Gefangenen, dem Horror und wie er dazu kam, sich einen Fluchtplan auszudenken, weil ein befreundeter Gefangener erfahren hatte, dass dieser auf einer Todesliste stünde. Mit gestohlenen Waffen und Nazi-Uniformen fuhren die vier Insassen in einem gestohlenen Auto durch das Haupttor des Lagers. Einer davon sollte nur ein Jahr später und fälschlicherweise als Nazikollaborateur erschossen werden, die anderen überlebten den Krieg.

Rawlowski blendete Bilder seines Hauptdarstellers in historische Aufnahmen und schuf so eine beklemmende Zeitreise, zurück zu Leichenbergen, der Todeswand und sich amüsierenden Nazischergen, deren Namen Piechowski bis heute gegenwärtig sind. Gänsehaut.

Erst nach dem Zusammenbruch des Kommunismus, als Pensionist, konnte Piechowski tun, was er in seiner Jugend erträumt hatte: die Welt bereisen. (Karl Fluch/DER STANDARD; Printausgabe, 27.1.2010)