Kaum hat sich herumgesprochen - na ja, nicht überall -, dass Homosexuelle nicht zum Doktor gehören, nimmt sich die Marktforschung ihrer diagnostisch an. "Schwule Männer sind eine hoch interessante Zielgruppe für den Immobilienmarkt", erfahren wir in einer Studie über "Schwule Wohntrends" und spitzen die Ohren, denn dass sexuelle Präferenzen einen Einfluss darauf haben, ob wir im 1. oder im 10. Hieb wohnen, ist doch bitte echt erhellend. Wir dachten immer, das hätte etwas mit dem Stand des Bankkontos zu tun.
Und die Studie enttäuscht nicht, denn seitdem bin ich mir - bis dato als weiblicher Hetero-Single lebend - ziemlich sicher, dass ich ein schwuler Mann bin. Auch ich möchte eher kein Häuschen mit zwei Kinderzimmern am Stadtrand mit Auslauf für die Kleinen, sondern lieber die U-Bahn in der Nähe. Eine Wohnung in einem höheren Stockwerk, mit Balkon, wäre mir sehr lieb, wo ich mich als schwuler Mann toll entfalten kann. Und nein, Schule braucht keine in der Nähe zu sein. Ein besseres Wirtshaus schon.
Ich denke aber jetzt auch viel darüber nach, in welchem Zusammenhang mein - leider etwas fragwürdiger - Männergeschmack mit der Farbe meiner Küche steht. Auch bin ich stark kurzsichtig und suche dringend Informationen darüber, was Brillenträgerinnen (die sich wie schwule Männer verhalten) allgemein vom 12. Bezirk, in dem ich momentan wohne, halten. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, Printausgabe, 27.1.2009)