Hot cat Bobby Bland 1974.

Foto: ABC Dunhill Records

Nachdem der einzige heimische Veranstalter, der das Kapital und somit die Möglichkeiten besitzt, das Jazz Fest Wien, ja lieber zum 100. Mal Bobby McFerrin, Omara Portuondo oder die Rounder Girls präsentiert, wird man ein Konzert von Bobby Bland, der heute seinen 80. Geburtstag feiert, hierzulande wohl nie erleben.

Norah Jones sei an dieser Stelle dafür gedankt, dass sie 2004 ihr zweites Album veröffentlicht hat. Um die Schlafzimmer-Country-Folk-Dame zu interviewen, flog mich die EMI damals für vier Tage nach New York. Wenig Zeit, andererseits auch nur 20 Minuten tatsächliche Arbeit. Also tat ich, was jeder tut, der vier Tage in New York ist: Die "Village Voice" kaufen und schauen, was los - und natürlich shoppen!

In einem Diner während einer Shopping-Pause neben einem Plattenladen sprang mich dann ein winziger Eintrag auf einer Inseratenseite des B.B. King Blues Club auf der 42. Straße an. Dort, in dieser No-Go-Gegend für Touristen, die nicht als solche erkannt werden wollen, sollte am folgenden Tag Bobby Bland auftreten.

Bistdudeppert! So schnell war ich noch nie an einem Telefon, um mir Karten zu reservieren. Zur Verwunderung der Telefonistin des Clubs: Ja, es gäbe noch reichlich Tickets, wurde mir gesagt, reservieren sei eigentlich nicht notwendig, wenn ich pünktlich zur Abendkassa käme, fände ich einen guten Platz, easily.

Tags darauf, es war ein Sonntag im Jänner und arschkalt, stand ich als erster vor der Clubtür und saß schließlich an einem Tisch im ersten Rang, keine sieben Meter vor der Bühne. Das Publikum, vielleicht 250 Leute, bestand hauptsächlich aus gut im Soul Food stehenden Schwarzen jenseits der 50, die später, nachdem Bland losgelegt hatte, mit Hendlhaxn im Takt mitwippten. Fonky, Baby, fonky! Ich saß mit ein paar jungen weißen Gitarrenstrebern an einem Tisch, die sich über Saiten und was weiß ich unterhielten, aber nur solange Bobby noch nicht auf der Bühne war - wenigstens keine Touris (wie ich).

Bland war damals 74 und ging schon etwas schwer, aber nachdem er auf seinem Barhocker Platz genommen und angefangen hatte, waren Alter oder Zeit kein Thema mehr. Mit einer unerwartet scharfen Band spielte er sich durch ein gepflegtes Best-Of-Set und erfüllte mir dabei unwissentlich meinen Wunsch, einmal "I Wouldn’t Treat A Dog ..." live-haftig zu hören, eine der lässigsten Nummern von vielen lässigen dieses Großmeisters der bluesgetränkten Soul.

 

Die Club-Auflage mindestens um 10 oder 15$ zu konsumieren, hätte ich dabei fast vergessen, die Kellner schauten aber eher penetrant darauf, dass das nicht passieren konnte. In manchen Songs baute er zwei, drei Paare ein, die unmittelbar vor ihm an der Bühne saßen und machte dabei klar, warum er früher als Ladies man gegolten hat. Geendet hat das Set passend mit "I’ll Take Care Of You", auch so eine Weltnummer. Dann hinkte Bland, unterstützt von einem Bühnenarbeiter, zurück in seine Garderobe.

Ich habe noch überlegt, zu versuchen, ein Gespräch mit ihm zu suchen und Backstage zu gehen. Hab’s dann nicht gemacht. Man soll sein Glück nicht überstrapazieren.
(Karl Fluch, 27. 1. 2010, DerStandard.at)