Erst kommt der Lkw-Radius, dann die Gebäudegeometrie: Innenhof des Gewerbeparks Breitensee, Fertigstellung 2012.
Rendering: Holodeck Architekten

Rendering: Holodeck

Loftartige Gewerberäume wie zur Jahrhundertwende: Bauteil von Holodeck Architekten.

(Renderings: Holodeck)

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Wien - Den Gewerbepark Breitensee gibt es schon seit den Anfängen des 20. Jahrhunderts. Damals waren hier Druckereien und Betriebe aus der Spritzgusstechnik angesiedelt. Auch Telefonapparate wurden hier am laufenden Band produziert. Zu den aktuellen Mietern zählen Okto-TV, Grafik- und Designstudios sowie ein Laserbetrieb, der auf die Fertigung von Knochen- und Gewebemodellen aus Kunststoff spezialisiert ist.

2007 schrieb die Wien Holding GmbH, Eigentümerin der Liegenschaft in Wien-Penzing, einen geladenen Wettbewerb aus. Bis 2012 soll die historische Anlage zu einem multifunktionalen Cluster mit weiteren 7500 Quadratmetern Gewerbeflächen, 75 geförderten Wohnungen und eigener Gastronomie ausgebaut werden. Die Gesamtinvestition beläuft sich auf 20 Millionen Euro.

Lkw-Radien als Maß aller Dinge

Während das Wiener Büro fasch & fuchs den Wohnbau planen wird (Baubeginn Sommer 2010), fällt in den nächsten Wochen der Startschuss zum Bau der Tiefgarage (250 Stellplätze, davon 100 als Volksgarage) sowie zum neuen Gewerbebau. "Mit einem Gewerbepark am Stadtrand hat dieses Projekt nicht viel zu tun", sagt Marlies Breuss von Holodeck Architekten, "ich glaube, dass hier eine Stimmung wie in einem Gewerbebau aus der Jahrhundertwende herrschen wird."

Der wichtigste Moment sei der Projektbeginn, stellt Breuss fest. "Während man sich im Wohnbau an Trakttiefen und an Freiräumen orientiert, ist in der Grundkonzeption eines Gewerbeparks die Lkw-Schleife das bestimmende Element." Aus den vorgeschriebenen Radien von Anhänger und Sattelschlepper wurde letztendlich die gesamte Gebäudegeometrie entwickelt.

Innenräume wie um 1900

Eine wichtige Rolle spielt auch die Organisation der Innenräume. "Je nach Lage im Haus sind die Geschoßdecken für unterschiedliche Nutzlasten konzipiert", sagt Architekt Michael Ogertschnig, "Betriebe mit schweren Maschinen und Rohstoffen werden sich eher im Erdgeschoß und im ersten Stock ansiedeln." Daher sind die Raumhöhen mit bis zu vier Metern in den unteren Geschoßen auch höher. "Nicht zuletzt hat das auch mit der räumlichen Atmosphäre zu tun. Wir haben uns bemüht, die großartige Qualität der Gewerbehöfe um 1900 zu erreichen, als die ersten Stahlbetonbauten Wiens entstanden sind."

Fortschritt gibt es dennoch in der Haustechnik: Im Zuge der Revitalisierung des alten Backsteinbaus wurden die alten Ölkessel bereits entsorgt. Stattdessen wurde das Grundstück ans Fernwärmenetz der Stadt Wien angeschlossen.

Kein Nachteil ohne Vorteil: Von den Maschinen, die in zwei Jahren hier rattern und lärmen werden, sollen alle Mieter gleichermaßen profitieren: In der Nacht soll die warme Abluft aus den Produktionshallen abgesaugt und über Wärmetauscher ins zentrale Heizungsnetz eingespeist werden. (Wojciech Czaja, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23./24.1.2010)