Will noch heuer ein Klimaschutzgesetz: Umweltminister Berlakovich.

Foto: Standard/Matthias Cremer

Für klare Ländervorgaben beim Klimaschutz spricht sich der zuständige Minister Nikolaus Berlakovich im Gespräch mit Johanna Ruzicka aus. Die Umsetzung in ein entsprechendes Gesetz ist allerdings mühsam.

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STANDARD: Derzeit findet in Wien eine Konferenz - Wachstum im Wandel - darüber statt, welche wirtschaftlichen Kennzahlen anstelle des BIP treten könnten. Steht es um das BIP so schlecht?

Berlakovich: Ich will die Diskussion darüber führen, ob der Wohlstand einer Gesellschaft sich nur vom BIP her ableiten soll. Nämlich vom derzeitigen Mengenwachstum. Es gibt da kuriose Ausformungen. Wenn irgendwo ein Unwetter stattfindet und es zu Aufräumarbeiten oder Erneuerungen danach kommt, steigt der Reichtum der Volkswirtschaften. Das versteht niemand, und daher wollen wir andere Formen diskutieren. Ein Mehr an Wirtschaftswachstum ist nicht immer die Lösung.

STANDARD: Und welche Lösungsansätze gibt es?

Berlakovich: Im Sinne der ökosozialen Marktwirtschaft denken wir, dass neue Dinge einfließen sollten: ein ressourcenschonendes Wachstum, Energieeffizienz, Verteilungsgerechtigkeit, Klimaschutz. Man muss ein qualitatives Wachstum in die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung einbringen.

STANDARD: Gerade was Klimaschutz, auch ressourcenschonendes Wachstum betrifft, ist Österreich aber ziemlich hintennach.

Berlakovich: Nein, das ist so nicht korrekt. Österreich ist bei der Energieeffizienz an dritter Stelle innerhalb Europas. Ich will das nicht schönreden. Wir erreichen derzeit bei den Treibhausgasen die Ziele nicht. Und trotzdem liegen wir bei den Treibhausgasen, gemessen pro Kopf, im europäischen Durchschnitt. Unsere Effektivität, die Industrieproduktion - da ist schon viel passiert. Aber die Ziele erreichen wir nicht.

STANDARD: Derzeit wird an der Energiestrategie gearbeitet, bei der Österreich bis 2020 einen 34-prozentigen Anteil am Gesamtenergieverbrauch erreichen soll. Droht da nicht ein ähnliches Fiasko wie bei den Klimazielen?

Berlakovich: Wir sind derzeit am Bewerten der hunderten von Maßnahmen, die von Experten dazu erarbeitet wurden. Das ist sehr breit aufgestellt ...

STANDARD: ... wobei auch CCS, Carbon Capture and Storage, eine Rolle spielen soll, also das sehr umstrittene Bunkern von Treibhausgas in aufgelassenen Gasfeldern.

Berlakovich: Das ist so nicht gegessen. CCS ist wissenschaftlich überhaupt noch nicht ausgereift, nicht die Technologie und damit auch nicht die Sicherheit oder das Risiko.

STANDARD:: Umso wichtiger wäre es, sich klar davon zu distanzieren.

Berlakovich: Nein, in diesem Stadium ist es sinnvoll, Wissen darüber zu intensivieren und zu forschen, etwa in Sicherheit. Das ist auch der Stand der Dinge in der EU.

STANDARD: Doch meinen gerade die Vertreter der ökosozialen Marktwirtschaft, also Ihre Parteifreunde, dass die ganze Kraft, also auch die finanziellen Mittel, in die Alternativenergien fließen sollen. Gibt es da nicht genug zu forschen?

Berlakovich: Wir sind jetzt dabei, im Rahmen der Energiestrategie die vorgelegten Maßnahmen zu bewerten und sie erst dann zu präsentieren. Energieeffizienz und Energieeinsparung wird dabei ein wichtiges Thema sein.

STANDARD: Was planen Sie mit dem Klima- und Energiefonds, der derzeit ja auch vom Rechnungshof untersucht wird?

Berlakovich: Der Klimafonds ressortiert bei BMVit und Lebensministerium und steht einmal so, wie er ist, bis 2011. Wir sind jetzt am Beginn der Diskussion, wie und ob er weiterentwickelt werden soll. Dazu müssen wir auch die Effizienz des Fonds bewerten. Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass wir eine Struktur für Klimaschutzprojekte brauchen.

Berlakovich: Wie sieht es jetzt mit dem seit gut drei Jahren angekündigten Klimaschutzgesetz aus?

Berlakovich: Da gibt es zwischen Bund, Ländern und den betroffenen Bundesstellen eine intensive Diskussion. Es ist ein sehr mühsamer Weg, weil viele Stellen Klimaschutz nur als Lippenbekenntnis begreifen und dann keine Verantwortung übernehmen wollen. Insbesondere in den Bundesländern. Wir betreten mit dem Gesetz ja Neuland - aber es zeigt sich hier Föderalismus pur.

STANDARD: Wo genau sind die Knackpunkte?

Berlakovich: Im Klimaschutzgesetz soll festgelegt werden, wer in Österreich für welchen Treibhausgasausstoß verantwortlich ist, und zwar umgelegt auf die einzelnen Sektoren wie Verkehr, Raumwärme etc. Damit ließe sich dann genauer festmachen, wer Ziele verfehlt und dafür Verantwortung zu übernehmen hat. DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28.01.2010)