Wien - "Erstens: Die geplante Anwesenheitspflicht für Asylwerber in den Erstaufnahmestellen ist eindeutig Haft. Zweitens: Die Einsperrung in den ersten fünf Tagen nach dem Asylantrag - in der sogenannten ersten Phase - widerspricht der EU-Richtlinie 2005/85: jener über Mindestbehandlung von Asylsuchenden, die seit 2008 in Österreich gilt."

So reagiert der Verfassungsrechtler Heinz Mayer im STANDARD-Gespräch auf die bekanntgewordenen Details aus jener Punktation für eine Internierung von Flüchtlingen im Asylzulassungsverfahren, die Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) am Dienstag der SPÖ hat zukommen lassen. Mayer zitiert aus Paragraf 18 besagter EU-Richtlinie: "Die Mitgliedstaaten nehmen eine Person nicht allein deshalb in Gewahrsam, weil sie ein Asylbewerber ist", steht da.

Drastischer noch formuliert es der Anwalt und Kommissionsleiter im Menschenrechtsbeirat, Georg Bürstmayr: "Die Kasernierung in dieser ersten Phase ist krass menschenrechtswidrig und widerspricht der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, weil sie ohne Einzelfallprüfung angeordnet werden soll".

Bürstmayr findet auch für die im Fekter-Papier vorgeschlagene Asylwerberinternierung in der so genannten "zweiten Phase" - bei Flüchtlingen, die laut dem EU-weiten Dublin-II-Verordnung wahrscheinlich in ein anderes Land abgeschoben werden sollen - harte Worte: "Dabei handelt es sich um jeweils mehrere hundert Personen. Wie soll das organisatorisch gehen? Soll Traiskirchen zum Internierungslager werden?"

Haft in Dublinfällen "legal" 

EU- und verfassungsrechtlich jedoch, so Bürstmayr, "könnte die Haft in der zweiten Phase sogar durchgehen". Das sieht auch Verfassungsexperte Mayer so: "Mit dem Argument, dass es sich um die Sicherung einer Außerlandesbringung handelt, ist das wahrscheinlich legal", meint er.

Mit der "Haft nach Asylantrag" stünde Österreich innerhalb der EU in "asylrechtlicher Isolationsgefahr", kommentiert Karl Kopp, Europareferent der größten deutschen Flüchtlingshilfs-NGO Pro Asyl die Fekter-Pläne. Denn: "Die EU-Kommission bemüht sich derzeit, die Behandlung von Asylwerbern unionsweit auf menschenrechtskonformer Grundlage zu vereinheitlichen".

In Österreich setzte Verteidigungsminister Norbert Darabos in Reaktion auf die Fekter-Pläne für den Regierungspartner SPÖ am Mittwoch auf Zeit: "Wir warten den Gesetzesentwurf ab". Von Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) kam Kritik: "Ich kann nicht Leute einsperren, die sich nichts zuschulden haben kommen lassen". Ministerin Fekter beharrte am Mittwoch auf einem dritten Erstaufnahmezentrum.

In Kärnten ist Flüchtingsbeauftragter Gernot Steiner seit Mittwoch mit einer Anzeige wegen "Gefährdung der körperlichen Sicherheit" konfrontiert. In jenem Klagenfurter Asylwerberheim, in dem 2008 bei einem Brand ein Mann starb, habe er als Verantwortlicher nicht für ausreichende Sicherheitsvorkehrungen gesorgt, heißt es. In drei weiteren Fällen laufen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen Amtsmissbrauchs gegen ihn. Etwa in Zusammenhang mit einer Abschiebung von Tschetschenen nach Traiskirchen im Jahr 2008. (Irene Brickner/Elisabeth Steiner, DER STANDARD - Printausgabe, 28. Jänner 2010)