Heftig diskutiert wird über die Pläne des US-Präsidenten zur Bankenregulierung.
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Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy hielt sich bei seiner Eröffnungsrede am Mittwochabend nicht lange mit Höflichkeitsfloskeln auf. Im Stakkatoton prasselten auf die versammelten Manager und Banker Vorwürfe nieder: "Das ist keine Krise des Kapitalismus. Das ist eine Entartung des Kapitalismus" , rief Sarkozy dem Publikum zu.
Besonders auf die Banker hatte er es abgesehen: "Welche Rolle sollen die Banken in der Volkswirtschaft spielen? Der Beruf eines Bankiers ist es nicht, Spekulant zu sein." Zum Bonus-System meinte Sarkozy, es sei in Ordnung in guten Zeiten gut zu verdienen. Ihm könne aber niemand erklären, "dass es nicht auch ein Malus-System geben kann" . Und mit drohend nach vorn gestrecktem Zeigefinger donnerte er in den Saal: "Es gibt unwürdiges Verhalten, das in keinem Land der Welt mehr geduldet wird, liebe Freunde, auch nicht im größten." Nur kurz äußerte er sich lobend zu den Plänen von US-Präsident Barack Obama, die Größe und Aktivitäten von Banken zu beschneiden.
Konkret kündigte Sarkozy an, Frankreichs G-20-Präsidentschaft 2011 zu nutzen, um über Währungen zu sprechen. Sarkozys Zorn zogen sich auch jene "50 Staaten" zu, die Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) sind, aber die Arbeitsgesetze nicht umsetzten. "Das ist ein Dschungel, das ist Faustrecht."
Trotz dieser Standpauke gab es Beifall für den Eröffnungsredner, einige standen sogar auf. Sarkozy bedankte sich und forderte die Unternehmer dann noch auf, Geld für Entwicklungshilfe zu spenden.
Sarkozys fulminanter Auftritt sorgte dann für kontroversielle Debatten unter den Teilnehmern am Wirtschaftsgipfel. Die zuvor demonstrierte Einigkeit der in Davos vertretenen Spitzenbanker gegen Obamas Pläne, die einmütig vor zu viel Regulierung warnten, war plötzlich verflogen. Es gab auch Banker, die Sarkozy recht gaben - aber nur hinter vorgehaltener Hand.
Vorsichtiges Lob für Obamas Pläne gab es vom Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet: Die vorgesehene Begrenzung des Bankenhandels und der Größe einzelner Institute seien wichtig und interessant, sagte Trichet dem Wall Street Journal. Die EZBprüfe die Vorschläge sorgfältig. "Sie gehen in dieselbe Richtung wie unsere eigene Position: Nämlich sicherzustellen, dass sich der Bankensektor auf die Finanzierung der Realwirtschaft konzentriert." Für den New Yorker Finanzwirtschaftsprofessor Nouriel Roubini gehen die Vorschläge nicht weit genug. Es dürfe kein Zurück zu "business as usual" geben.
Soros warnt vor Sturm
Eine differenzierte Position zum Thema Bankensteuer und zu Obamas Bankenregulierungsplänen nahm dagegen der Investor George Soros ein. Bei einem Gespräch mit einem kleineren Kreis von Journalisten sagte Soros: "Dieser politische Sturm kommt zu früh von einem ökonomischen Standpunkt aus. Das ist langfristig sinnvoll, aber jetzt kontraproduktiv. Das führt dazu, dass die Banken bei der Kreditvergabe noch restriktiver werden."
Auf die Frage des Standard, ob man sich wegen Griechenlands Problemen Sorgen um den Euro machen müsse, antwortete Soros: "Die Entwicklung zeigt Schwächen in der Eurozone auf. Der Euro ist eine unvollständige Währung. Es gibt eine Zentralbank, aber kein gemeinsames Treasury."
In Griechenland seien harte Sanierungsmaßnahmen notwendig. "Es muss angesichts des Widerstands dort Druck von europäischer Seite geben, damit diese auch umgesetzt werden." Als Mitglied der Eurozone genieße aber Griechenland noch immer so viel Vertrauen, dass es auf den internationalen Finanzmärkten weiter Geld leihen könne, sagte Soros.
Insgesamt überwogen die positiven Einschätzungen am ersten Tag in Davos, das als Stimmungsbarometer für das ganze Jahr gilt. Die Umfrage von PricewaterhouseCoopers unter 1200 Vorstandsvorsitzenden in 52 Ländern, die jedes Jahr in Davos veröffentlicht wird, zeigt heuer: Vier von fünf Unternehmenschefs weltweit gehen optimistisch in das Jahr 2010. 31 Prozent der Befragten beurteilen die Geschäftsentwicklung in diesem Jahr sogar als "sehr optimistisch".
Nouriel Roubini, der die aktuelle Krise exakt vorausgesagt hatte, warnte indes, sich nur auf das Wachstum in China zu verlassen. In der zweiten Jahreshälfte könne es wieder abwärts gehen. (Alexandra Föderl-Schmid aus Davos/DER STANDARD, Printausgabe, 28.1.2010)