Istanbul - In der Türkei müssen sich weitere Offiziere der Armee wegen des Verdachts eines Putschversuchs gegen die Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan vor Gericht verantworten. Ein Istanbuler Gericht nahm eine knapp 300-seitige Anklageschrift der Staatsanwaltschaft gegen insgesamt 17 Angeklagte an, wie die türkische Presse am Donnerstag meldete. Sie sollen unter anderem Anschläge auf türkische Christen geplant haben.

Angeklagt sind ein Konteradmiral, 14 weitere aktive Marineoffiziere und zwei Soldaten im Ruhestand. Bei einer Verurteilung drohen ihnen in dem am 9. April beginnenden Verfahren Haftstrafen von 15 Jahren bis zu lebenslänglich. Ihnen wird die Vorbereitung eines Umsturzversuches vorgeworfen. Durch Gewalttaten sollte das gesellschaftliche Klima für einen Putsch geschaffen werden, argumentiert die Anklage.

Laut der von türkischen Medien veröffentlichten Anklageschrift plante die Gruppe unter anderem einen Bombenanschlag auf ein U-Boot, das eine Hauptattraktion eines beliebten Wissenschaftsmuseums in Istanbul ist. Mit Anschlägen auf Mitglieder der kleinen christlichen Minderheit in der Türkei sollte demnach der Eindruck erweckt werden, unter der islamisch-konservativen Regierung Erdogan nehme der islamische Extremismus zu.

Die Anklage ist die vierte im Zusammenhang mit Ermittlungen der Istanbuler Staatsanwaltschaft gegen mutmaßliche Putschisten. Seit eineinhalb Jahren läuft bereits ein Prozess gegen Dutzende mutmaßliche Mitglieder der rechtsgerichteten Gruppe "Ergenekon", der aktive und pensionierte Offiziere angehört haben sollen und die laut Anklage den Sturz Erdogans plante. Kritiker werfen Erdogan vor, das Verfahren zur Einschüchterung politischer Gegner zu missbrauchen.

Die türkische Armee, die seit 1960 vier Regierungen von der Macht verdrängt hat, sieht sich selbst als Garant der säkularen Werte der Türkei und betrachtet die Regierung Erdogan wegen deren islamischen Wurzeln mit Misstrauen. Zuletzt drohten die Militärs vor knapp drei Jahren offen mit der Entmachtung Erdogans. Der derzeitige Generalstabschef Ilker Basbug betonte Anfang der Woche jedoch das Bekenntnis der Armee zur Demokratie. Das Zeitalter der Staatsstreiche sei vorbei. (APA)