Wien - Zahlen? Die können warten, wenn es nach dem Finanzminister geht. Aber das könnte verfassungswidrig sein: Wenn sich die Regierung tatsächlich bis nach den Herbstwahlen mit der Vorlage des Budgets Zeit lässt, dann widerspräche das der Verfassung, sagen die Oppositionsparteien.

Tatsächlich ist im Artikel 51 des Bundesverfassungsgesetzes vorgesehen, dass die Regierung spätestens zehn Wochen vor der Jahreswende ihren Budgetentwurf einzubringen hat.

Allerdings gibt es eine Klausel im Artikel 51a, derzufolge auch Abgeordnete des Nationalrats einen Entwurf für das Bundesfinanzgesetz einbringen können, falls die Regierung mit ihrer Vorlage säumig ist, erklärt Werner Zögernitz, Leiter des Instituts für Parlamentarismus und früherer Klubdirektor der ÖVP, im Gespräch mit dem Standard.

Dies könnte eine Menge an parlamentarischem Spielraum eröffnen. Einerseits könnten die Regierungsparteien irgendwann nach den Wahlauseinandersetzungen einen vom Finanzministerium erarbeiteten Entwurf einbringen, um die Budgetdiskussion zu einem ihnen genehmen Zeitpunkt zu eröffnen.

Andererseits steht dieses Recht auch den Minderheitenfraktionen zu. Das würde bedeuten, dass diese mit einem eigenen Budgetentwurf die Diskussion anstoßen könnten - um zum Beispiel ein Budget mit Ökologie-Schwerpunkt zur Debatte zu stellen.

In der Praxis ist das allerdings noch nie vorgekommen. Zögernitz kennt bisher nur Beispiele, wo das neue Bundesfinanzgesetz wegen laufender Regierungsverhandlungen erst mit erheblicher Verspätung vorgelegt werden konnte. In solchen Fällen gibt es ein Budgetprovisorium, das auf den Ansätzen des vorigen Bundesfinanzgesetzes basiert. Das BZÖ sieht in der Verschiebung des Budgets durch die Bundesregierung eine "Wählertäuschung" und fordert eine Sondersitzung des Nationalrats.

Grünen-Bundessprecherin Glawischnig vermutet, dass es der Regierung mit Finanzminister Josef Pröll an der Spitze bloß darum gehe, die Bevölkerung über die Landtagswahlen im Burgenland, der Steiermark und in Wien "hinwegzutrösten". Danach würden die "brutalen Sparpakete" kommen. (Conrad Seidl, DER STANDARD, Printausgabe, 29.1.2010)