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Dominique de Villepin gab sich nach dem Urteil ganz präsidentiell.

Foto: APA/EPA/Valat

Die Justiz habe triumphiert, erklärte Dominique de Villepin, doch seinem stolzen Lächeln war anzusehen, wem der Triumph in erster Linie gebührt: natürlich ihm selbst. Der ehemalige Premierminister wurde am Donnerstag von "allen Gerüchten und Verdächtigungen" reingewaschen. Ein Pariser Gericht sprach ihn von der Anklage des Rufmordes gegen Nicolas Sarkozy frei. Die Staatsanwaltschaft hatte 18 Monate Haft verlangt, weil Villepin von gefälschten Kontenlisten des luxemburgischen Bankhauses Clearstream gewusst habe. Auf diesen Listen stand 2004 auch der Name Sarkozy, was den Staatsanwalt zur Vermutung verleitete, Villepin könnte die ganze Manipulation geleitet haben, um seinen Rivalen anzuschwärzen.

Beweise dafür gab es aber nicht. Das Gericht kam in dem am Donnerstag veröffentlichten Urteil zum Schluss, dass Villepin offensichtlich "keine Kenntnis von der Fälschung der Listen" gehabt habe. Fraglich sei höchstens, ob Villepin den Verdacht bewusst im Raum stehen gelassen habe, statt als Premier etwas dagegen zu unternehmen. Aber auch dies ließ sich in der Ermittlung und dem dreimonatigen Prozess nicht festmachen. Verurteilt wurden hingegen Villepins Mitarbeiter Imad Lahoud und Jean-Louis Gergorin. Der erste soll die Liste gefälscht haben; er erhielt 18 Monate, der zweite, er soll die Liste an die Justiz weitergeleitet haben, 15 Monate Haft. Beide legen Berufung ein.

Staatsanwalt erhebt Einspruch

Die Staatsanwaltschaft kündigte am Freitag früh an, gegen den Freispruch Einspruch zu erheben. "Ein Teil der Wahrheit muss noch ans Licht gebracht werden. Es ist in dieser Angelegenheit noch nicht alles gesagt", erklärte Staatsanwalt Jean-Claude Marin dem Radiosender "Europe 1". Das Urteil sei verwunderlich, es seien alle Elemente dagewesen, um Villepin zu verurteilen. Der Berufungsprozess könnte laut Marin Ende 2010 oder Anfang 2011 beginnen.

"Diese Entscheidung ist politischer Natur. Sie beweist, dass ein Mann, Nicolas Sarkozy, der Präsident der Republik, lieber in seiner Versessenheit und seinem Hass fortfährt, als sich auf der Höhe seines Amtes zu zeigen", sagte de Villepin im Radiosender "France Info". "Das ist die Justiz im Dienste der Politik", sagte der Villepin nahestehende UMP-Abgeordnete Pierre Goulard. Sarkozys Kommunikationsberater Franck Louvrier betonte dagegen, dass der Präsident im Berufungsverfahren des Rufmordprozesses, der Ende 2010 oder Anfang 2011 stattfinden wird, nicht mehr als ziviler Nebenkläger auftreten werde.

Villepin genoss am Donnerstag nach dem Freispruch noch den Moment . Die Zeit der "Gerüchte und Verdächtigungen" sei vorbei, jetzt wolle er sich seiner Zukunft widmen, "um den Franzosen zu dienen" .

Villepin hatte schon vor dem Verdikt durchblicken lassen, dass er sich im Fall eines Freispruchs berufen fühlen würde, bei der nächsten Präsidentschaftswahl 2012 zu kandidieren - natürlich gegen seinen Parteifreund und Widersacher Sarkozy. Deshalb fügte er auch an, er wolle "die Franzosen einen und zum Wiederaufschwung beitragen" . Diese präsidiale Wortwahl unterstrich Villepin noch, indem er fast zwischen jedem Wort eine Kunstpause einlegte.

Weniger feierlich war der Tonfall von Sarkozys Reaktion. Der Präsident hatte sich als Zivilkläger dem Gerichtsverfahren angeschlossen. Vor dem Prozess soll er einmal den bereits legendären Spruch getan haben, er werde höchstpersönlich dafür sorgen, dass der Drahtzieher dieses Rufmordversuchs "am Fleischerhaken" ende - gemeint war damit Villepin. "Das Gericht erachtet, dass die Rolle von Dominique de Villepin in dieser Manipulation nicht bewiesen werden kann" , so ein Kommuniqué des Élysée. "Ich nehme Kenntnis davon, auch wenn ich die Strenge einiger ihn betreffenden Gerichtsbemerkungen bemerke." Trotz des Zweifels an der völligen Unschuld Villepins meinte Sarkozy, er werde selber keine Berufung einlegen. In Frankreich hat der Präsident allerdings Weisungsrecht gegenüber der Staatsanwalt.

Wie gut Villepins Aussichten im Präsidentschaftsrennen sind, lässt sich jetzt schwer sagen. Beobachter meinen, dass er Sarkozy wohl nicht von einer Wiederkandidatur abhalten könne. Aber schaden kann er ihm durchaus. Dies erhöht 2012 vielleicht nicht Villepins Chance - aber diejenigen eines Linkskandidaten. (red/Stefan Brändle aus Paris/DER STANDARD, Printausgabe, 29.1.2010)