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Ein Blick in den Reaktor, der am 28. Jänner den 10.000sten Tag in Betrieb ist (Archivbild)

Foto: APA/Harald Schneider

Wien - Mit Donnerstag ist der Forschungsreaktor am Atominstitut der Technischen Universität (TU) Wien genau den 10.000sten Tag in Betrieb - "ein erstaunliches Jubiläum im angeblich 'atomfreien' Österreich", wie es in einer Aussendung der TU Wien heißt. Dort wird der Reaktor als "Herzstück des Atominstituts, sowohl was Forschung als auch Lehre betrifft" bezeichnet, aus dem in 50.000 Betriebsstunden 3.357 wissenschaftliche Publikationen, 622 Diplomarbeiten und 366 Dissertationen hervorgegangen sind.

Der "Praterreaktor" dient ausschließlich Lehr- und Forschungszwecken. Mit dem Gerät werden Neutronen erzeugt. Diese können in vielen Bereichen der Grundlagenforschung - etwa in der Quantenphysik, der Neutronen- und Festkörperphysik, aber auch in der Umweltanalytik eingesetzt werden. Die Leistung des Reaktors ist gering, seine thermische Leistung entspricht im Durchschnitt der eines Mittelklassewagens.

Hintergrund

Das Atominstitut wurde 1958 als interuniversitäres Institut gegründet und 1962 an seinem heutigen Standort im Prater mit der feierlichen Inbetriebnahme des TRIGA Mark II Forschungsreaktors eröffnet. Ursprünglich war es der Forschung und Ausbildung auf den Gebieten Atom-, Kern- und Reaktorphysik, der Strahlenphysik und des Strahlenschutzes, der Umweltanalytik und Radiochemie sowie der nuklearen Messtechnik und Festkörperphysik gewidmet. Mittlerweile sind als weitere Schwerpunkte Quantenphysik, Quantenoptik sowie Tieftemperaturphysik und Supraleitung hinzugekommen. Heute ist das Atominstitut eine Einrichtung der TU Wien.

Permanent arbeiten am Atominstitut derzeit 25 wissenschaftliche und 29 nichtwissenschaftliche Mitarbeiter. Dazu kommen 56 aus Drittmitteln finanzierte Projektassistenten mit stark steigender Tendenz sowie etwa 50 Studierende, die an ihrer Diplomarbeit oder Dissertation arbeiten.

Eines der Highlights ...

Eines der wissenschaftlichen Highlights in der Geschichte des Forschungsreaktors war der erstmalige Nachweis der Neutroneninterferometrie durch Helmut Rauch im Jahr 1974, womit erstmals der von der Quantentheorie postulierte Doppelcharakter von Neutronenstrahlen als Teilchen und Wellen direkt gezeigt werden konnte und "ein ganzes Wissenschaftsgebiet geschaffen wurde", wie der Chef des Atominstituts, Jörg Schmiedmayer, betonte. Auch in der Lehre wird die Einrichtung offenbar international geschätzt. So lässt etwa die internationale Atomenergiebehörde (IAEA) am Atominstitut seit vielen Jahren angehende UN-Inspektoren ausbilden.

"Atomchips" und Teilchenphysik

Mit der Berufung von Jörg Schmiedmayer 2006 und des deutschen Physikers Hartmut Abele im Vorjahr wurden die Weichen für die Zukunft des Atominstituts neu gestellt. Während im Mittelpunkt von Schmiedmayers Arbeiten die Quantenphysik mit seinem Spezialgebiet "Atomchips" steht, widmet sich Abele Fragen aus der Teilchenphysik, die sich mit neuen physikalischen Modellen jenseits des Standardmodells befassen, mit dem heute der Aufbau der Welt erklärt wird. Insbesondere widmet sich Abele dabei der Frage nach der Vereinheitlichung aller Kräfte kurz nach dem Urknall bei höchsten Energien, wofür Experimente mit "kalten" und "ultrakalten" Neutronen durchgeführt werden.

Abeles Arbeiten könnten damit die inhaltliche Brücke zu einem Projekt bilden, das derzeit in der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und der TU Wien diskutiert wird. Am Standort des Atominstituts im Prater könnte ein Physik-Cluster aufgebaut werden, bestehend aus dem Atominstitut sowie den beiden ÖAW-Einrichtungen Institut für Hochenergiephysik (HEPHY) und Stefan Meyer Institut für subatomare Physik. (APA/red)