Wilhelm Bobak wartet auf die Kinder: Er ist einer der wenigen Kindergartenpädagogen in Wien. Den Job in einer Bank gab er dafür auf.

Foto: STANDARD/Newald

Wien - Den Beginn seiner neuen Tätigkeit hat sich Wilhelm Bobak (39) wohl anders vorgestellt: Als er bei seinem ersten Praktikumsplatz vorstellig wird, hatte man nämlich eine Frau erwartet. Die Leiterin habe dann sogar rückgefragt. Bobak ist einer der wenigen Kindergartenpädagogen. Er kümmert sich im städtischen Kindergarten Pötzleinsdorfer Straße 230 um die Kinder in der Krippe.

"Ich habe zuvor in einer Bank gearbeitet", erzählt er. Als seine Tochter zur Welt kam - der Pädagoge ist zweifacher Vater - habe er sich dazu entschlossen, "eine Arbeit zu suchen, die Sinn macht". Seinen neuen Job beschreibt Bobak als "anstrengenden und fordernden Beruf" .

Es ist eine Frauenwelt, in der Bobak arbeitet: In den städtischen Einrichtungen sind nur 32 von 3227 Pädagogen Männer. Insgesamt gab es im Jahr 2006/07 österreichweit nur 528 Männer, die in Kindertagesheimen tätig waren.

"Österreich hinkt hinter den anderen, auch nicht besonders gut mit männlichen Pädagogen ausgestatteten EU-Ländern hinterher" , sagt Josef Christian Aigner, Erziehungswissenschafter und Psychoanalytiker an der Universität Innsbruck. Deutschland habe etwa zirka 3,8 Prozent Männeranteil im Kindergarten, Österreich hingegen nur ein Prozent. Noch trauriger wird es, wenn die Horterzieher herausgerechnet werden, da "sind es gar nur 0,6 Prozent" .

Warum das so ist, versucht Aigner gerade mit anderen Wissenschaftern im Forschungsprojekt "Elementar" zu ergründen. Ein Grund sei sicher, dass der Kindergarten "vielfach noch eine ,rein weibliche Welt‘ ist, in der kulturübliche weibliche Atmosphären, Spiele und Tätigkeiten gefragt sind", sagt Aigner.

Aigner ist überzeugt, dass es sinnvoll ist, mehr Männern diesen Beruf schmackhaft zu machen: "Männer spielen anders, greifen Kinder anders an." Und: "Sie bringen eine andere Stimmung in die oft reinen Frauenteams, sehen Konflikte anders."

Jobwechsler wie Bobak seien bei Männern öfters anzutreffen, sagt der Erziehungswissenschafter. Ein Zeichen dafür sei auch, dass deren Anteil in berufsbegleitenden Ausbildungen höher als in den Schulen ist. Seine Erklärung dafür: Die Männer hätten in anderen Berufen "die Härte patriarchaler Konkurrenz" und die "Brutalität des neoliberalen Arbeitsmarktes kennengelernt" .

Kindergartenpädagoge Bobak hat sich längst daran gewöhnt, dass er fast immer allein unter Frauen ist. Umgekehrt hat es wohl auch einige Zeit gedauert: "Eine Kollegin hat gleich gesagt, dass ich mir keine Sonderbehandlung erwarten darf." (Peter Mayr/DER STANDARD, Printausgabe, 29.01.2010)