Außenminister Michael Spindelegger hatte am Donnerstag seine Davos-Premiere: Anders als viele andere Teilnehmer schaffte er es, sich durch strenge Sicherheitsvorkehrungen und den dichten Schneefall in den Schweizer Skiort auf 1540 Meter zu kämpfen - und auch noch rechtzeitig zu seinem ersten Termin zu kommen. Spindelegger war einer der Sprecher bei einer Lunch-Session, wie die Gespräche zu einem fixierten Thema über die Mittagszeit heißen. Als Jurist war Spindelegger zum Thema "Die Stärkung des Rechtsstaats" geladen.

Weitere Sprecher waren neben Rechtsexperten aus Harvard, Italien und Großbritannien noch Luis Moreno Ocampo, Chefankläger am Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag, und Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz.

Moderator Philippe Sands, Londoner Rechtsprofessor und Schwager von Stieglitz, führte Spindelegger ein als "einen der Praktiker" , der als Politiker auch mitentscheiden könne. Spindelegger, der sein Statement vorbereitet hatte, sprach frei in flüssigem Englisch. Er nahm die Resolution 1894 zum Schutz von Zivilpersonen in bewaffneten Konflikten als Beispiel, um zu verdeutlichen, wie schwierig es ist, auf internationaler Ebene Konsens herzustellen. Österreich hatte den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat, als die Resolution diskutiert wurde. "Als es um die Möglichkeit von Sanktionen ging, gab es plötzlich Widerstand. Das war auch für uns überraschend" , sagte Spindelegger.

Er forderte mehr Einsatz von Staaten, damit der Internationale Strafgerichtshof noch aktiver werden könne. Das hatte zuvor auch Moreno Ocampo verlangt. Stieglitz wies auf das Problem hin, dass Wirtschaftsvergehen derzeit nicht global verfolgt werden können.

Bei der Debatte an Spindeleggers Tisch, um den sich Journalisten, Umweltschützer, begleitende Ehefrauen und Unternehmer versammelt hatten, war man sich einig, dass es derzeit kein Gremium gebe, das sich der Durchsetzung von rechtsstaatlichen Themen annehme. Weder die G-20, WTO oder der UN-Sicherheitsrat seien das geeignete Format. Zwei Briten, die beim UN-Klimagipfel in Kopenhagen dabei waren, schilderten, dass schon vor dem Scheitern klar gewesen sei, dass keinesfalls ein rechtsverbindlichen Abkommen herauskommen würde.

Spindelegger, der heute, Freitag, an einer Diskussion über die Schaffung von Jobs und sozialer Wohlfahrt teilnimmt, nutzte seinen Davos-Aufenthalt zum Lobbying. Er sprach mit Andre Schneider, dem Organisator des Weltwirtschaftsforums, über eine Wiederbelebung des Osteuropa-Regionaltreffens und erhielt ein positives Signal. Thema dieses Treffens, das bis 2002 in Salzburg stattfand, soll Österreichs Schwarzmeer-Initiative sein.

Clinton wirbt für Haiti-Hilfe

Auch der frühere US-Präsident Bill Clinton nutzte das Treffen von rund 2500 Managern und Politikern, um als UN-Sonderbeauftragter die Werbetrommel für Haiti zu rühren. "Sie werden es nicht bereuen und sich besser fühlen, wenn Sie sich beteiligen" , sagte Clinton. Brasiliens Außenminister Celso Amorin war noch direkter: "Sie können zeigen, dass es nicht nur die Gier gibt", sagte er zu den versammelten Wirtschafts- und Bankenführern. (Alexandra Föderl-Schmid aus Davos/DER STANDARD, Printausgabe, 29.1.2010)