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Die Eurozone steht vor dem Stresstest, sagt Nouriel Roubini.

Foto: Reuters

Davos - Der wegen seiner frühen Warnungen vor dem Entstehen einer Krise bekannt gewordene Ökonom Nouriel Roubini sieht bereits die nächsten Verwerfungen. Am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos erklärte er im Gespräch mit dem Standard, dass schon wieder neue Blasen entstünden. Konkret nannte er den Preisanstieg an den Rohstoffmärkten, der in den nächsten Jahren zu neuen Turbulenzen führen könnte.

Zu Österreichs Banken befragt meint Roubini, diese hätten die Kreditabschreibungen in Osteuropa noch nicht voll umgesetzt. Im Rampenlicht stand am Donnerstag Griechenlands Premier Giorgos Papandreou, der harte Budgetschnitte ankündigte.

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STANDARD: Wurden genügend Lehren aus der Finanzkrise gezogen?

Roubini: Wir kehren zu business as usual zurück. Es gibt hohe Verschuldung, es gibt keine Restriktionen von Bonus-Zahlungen, die Banken machen weiter wie vorher. Wenn es keine Regulierung und keine Kontrolle gibt, wie will man die Exzesse eindämmen? Ich fürchte nicht zu viel, sondern zu wenig Regulierung.

STANDARD: Was halten Sie vom Vorschlag von US-Präsident Barack Obama?

Roubini: Das geht in die richtige Richtung. Aber ich finde, das ist noch nicht genug. Wir müssen die Strukturen großer Banken aufbrechen, man muss klare Regeln für kommerzielles Investmentbanking aufstellen. Mehr muss getan werden, um Exzesse im Finanzsystems einzuschränken.

STANDARD: Glauben Sie, dass die nächste Krise schon bevorsteht?

Roubini: Nicht dieses Jahr, aber in den nächsten Jahren. Es entstehen schon wieder Blasen, etwa im Rohstoffbereich. Wir müssen weiterhin besorgt sein.

STANDARD: Sie haben gesagt, die Eurozone ist mit dem ersten Stresstest konfrontiert. Was meinen Sie damit?

Roubini: Die Peripherie der Eurozone, ob es nun Griechenland, Italien, Portugal oder Spanien ist, hat sehr große Probleme mit dem Budgetdefizit, aber auch mit ihrer Wettbewerbsposition. Sie verlieren Marktanteile an China, das war schon vor der Krise so. Die Löhne sind stärker als die Produktivität gestiegen. Diese Länder brauchen strukturelle Reformen, die zu mehr Produktivität und Wachstum führen. Das ist bisher nicht geschehen. Das führt ganz offensichtlich zu ernsten Problemen in der Eurozone.

STANDARD: Wie beurteilen Sie die wirtschaftliche Lage in Osteuropa. Ist das Schlimmste überstanden?

Roubini: Diese Region ist homogen. Manchen Ländern wie Polen oder Tschechien geht es besser. Aber es gibt noch immer signifikante finanzielle Fragilität in den Baltikum-Staaten, in Ungarn, Bulgarien und Rumänien. Das vergangene Jahr war wirklich schlimm durch die Finanzkrise und Rezession in vielen Ländern. Ich glaube, die Situation in den Staaten Zentral- und Mitteleuropas bleibt, von einigen Ausnahmen abgesehen, sehr fragil. Das Finanzsystem, die Schuldenlast und die fundamentale Überbewertung von Währungen werden weiterhin ein Problem sein.

STANDARD: Was heißt das für österreichische Banken?

Roubini: Es gibt ein signifikantes Engagement von österreichischen Banken in Osteuropa. Bisher wurden die Probleme eingedämmt. Aber die Verluste dort wurden von den europäischen Banken bisher noch nicht voll erkannt. Es werden noch Verluste aus dem Kreditbereich in diesen Ländern kommen, das ist absehbar - und damit auch für die Banken, die dort sehr exponiert sind. (Alexandra Föderl-Schmid, DER STANDARD, Printausgabe, 29.1.2010)