Wien - Als Sandra Eberle im November den Titel "Alleinerzieherin des Jahres 2009" verliehen bekam, geschah das stellvertretend für jene rund 251.000 Frauen, die sich wie Eberle ohne den dazugehörigen Partner um ihre Kinder kümmern müssen. Denn mit einem Anteil von knapp 85 Prozent sind AlleinerzieherInnen noch immer vorwiegend Mütter. Nur 15 Prozent von insgesamt rund 296.000 Single-Eltern stellen die Väter.

Ernst S. ist einer von ihnen. Im Jahr 2003 ließ sich der heute 37-jährige Büroangestellte von seiner Frau scheiden - sehr zum Leidwesen des damals fünfjährigen Sohnes Paul. Die Scheidung, an deren Ende Herr S. die alleinige Obsorge für Paul erstritten hatte, dauerte fünf lange Jahre. Aber was danach geschah, hat S. noch einmal weit zurückgeworfen: privat, als die Mutter vier Jahre lang auf ihr Besuchsrecht verzichtete - und beruflich, als der in derselben Firma wie die Geschiedene Tätige regelrecht gemobbt wurde. Noch heute, wo die Wogen wieder halbwegs geglättet scheinen, will S. seine Geschichte nicht mit vollem Namen in der Zeitung wissen.

Unter Pseudonym schildert er dem Standard aber freimütig: "Meine Vorgesetzten waren gewohnt, dass ich sehr flexibel war." Das ging plötzlich nicht mehr: In der Früh kam Herr S. später, weil er Paul noch in die Schule bringen musste, in den Ferien hatte er ein "ziemliches Problem" mit der Kinderbetreuung. Die Reaktion der Firma: "Ich habe mir von meinen damaligen Chefs anhören müssen, ich hätte ja nicht um das Sorgerecht kämpfen müssen." Was folgte, war ein "ziemlicher Existenzkampf", denn als Alleinerzieher auch noch arbeitslos zu werden, aggraviert die ohnehin nicht einfache Situation. Herr S. behielt seinen Job, zog aber eine Schlussfolgerung aus dem Kampf um den Arbeitsplatz: Einer Alleinerzieherin werde mehr Verständnis entgegengebracht als einem Mann.

Gleiche Freuden und Sorgen

Das sei aber auch schon der einzige Unterschied. Darüber hinaus habe er die gleichen finanziellen Probleme wie Alleinerzieherinnen, die gleichen Hausarbeitspflichten, die gleichen Freuden und Sorgen mit dem Kind. Wenn ihm trotzdem Bewunderung zuteil wird, findet S. das "eigentlich übertrieben". Er kennt aber auch die andere Seite: "Viele sind skeptisch, weil ich ein Mann bin. Da heißt es dann, ein Mann kann so etwas ja gar nicht." Was ihm schon aufgefallen ist: "Bei Spielenachmittagen war ich der Exot."

Und doch ist S. Teil einer wachsenden Gruppe: In den vergangenen zehn Jahren ist der Anteil an alleinerziehenden Vätern laut Statistik Austria um fast ein Drittel gestiegen. Während die Zahl der Alleinerziehenden von 1998 bis 2008 insgesamt um 7,6 Prozent zugenommen hat, liegt die Steigerung bei den alleinerziehenden Vätern bei rund 32,4 Prozent.
Die Kontaktstelle für Alleinerziehende in Wien hat darauf mit einem neuen Angebot reagiert: Seit Herbst lädt man einmal im Monat (immer samstags) zum Väterklub. "Um Austausch zu schaffen" und Freundschaften zu knüpfen, erzählt "Klubleiter" Matthias Hüthmair dem Standard. Bislang ist die Nachfrage noch gering. Drei alleinerziehende Väter kommen regelmäßig mit ihren Kindern und Nutzen das Angebot. (Karin Moser/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29.1.2010)