Gesundheitssprecher der ÖVP, sagen Wählern nicht gerne die Wahrheit ins Gesicht, doch die Daten lassen keine Schönfärberei zu. Ob beim Rauchen, Trinken oder Herumsitzen - die Österreicher liegen im unrühmlichen Spitzenfeld. Nicht nur die Jugend sorgt für steigende Tendenz. "Wir werden dem Andrang von Frauen derzeit kaum Herr", erzählt etwa Michael Musalek, Leiter der Anton-Proksch-Suchtklinik: Während Männer als traditionelle Zielgruppe nur ein, zwei Wochen auf einen Platz warten müssen, sind es bei Alkoholikerinnen bis zu vier Wochen.

Experten identifizieren ein Grundübel: Österreich investiere viel in die (Spitals-)Behandlung von Krankheiten, tue aber wenig dafür, dass diese a priori verhindert werden. Daten der OECD bestätigen diese Kritik. Die Ausgaben fürs Gesundheitssystem sind mit 10,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukt zwar hoch, jene für Prävention gegen Alkohol- und Tabakkonsum liegen aber weit unterm Schnitt. Dabei belegen Studien den potenziellen Effekt. Wer nicht raucht, schlank ist, sich gesund ernährt und mindestens 3,5 Stunden pro Woche Sport betreibt, reduziert das Risiko für Krankheiten wie Herzinfarkt (81 Prozent), Hirnschlag (50 Prozent) oder Krebs (36 Prozent). Alkoholiker leben laut groben Hochrechnungen im Schnitt um 15 Jahre kürzer, Raucher um acht Jahre.

Abgesehen davon seien die Kosten fehlender Vorsorge für die Allgemeinheit enorm, sagt die Lungenfachärztin Sylvia Hartl: Chemotherapien für Lungenkrebs kosteten Unsummen, brächten aber meist nur ein paar Monate Lebensverlängerung. Ihr fehlen nicht nur ein generelles Rauchverbot in öffentlichen Räumen (inklusive Lokale) und höhere Preise für Zigaretten, sondern auch entschlossene Kampagnen zur Bewusstseinbildung. "Ich vermisse, dass der Gesundheitsminister deutlich Stellung bezieht", kritisiert Hartl und verweist auf New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg, der das Rauchen radikal zurückgedrängt habe.

Rasinger sieht das genauso: "Jedem Österreicher seinen Bypass und sein Spitalsbett zu garantieren ist auf Dauer nicht finanzierbar." Das Prävention hierzulande dennoch so wenig zähle, erklärt der Arzt mit der "g'mütlichen Laisser-faire-Mentalität" und dem ständigen Wechsel der Gesundheitsminister: "Alle haben sich in Selbstaufgabe geübt." (jo)