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Legte herzlich wenig Wert auf öffentliches Auftreten: J.D. Salinger 1982 als privater Besucher einer Theateraufführung in Jacksonville (Florida)

Foto: AP /The Florida Times-Union /Gene Sweeney Jr.

Cornish - Der amerikanische Kultautor J.D. Salinger, dessen zorniger, verweigernder Teenager Holden Caulfield zu einer der großen literarischen Leitfiguren der Literatur der frühen Nachkriegsjahre wurde, ist nach Angaben seiner Agentin Phyllis Westberg am Donnerstag im Alter von 91 Jahren in seinem Haus in Cornish im US-Bundestaat New Hampshire verstorben. Sein Gesundheitszustand hatte sich nach einem Hüftproblem im Mai zunächst gebessert, Anfang des Jahres aber dann leider schlagartig verschlechtert.

"Nach seinem lebenslangen Bemühen um Abgeschiedenheit wird es keinen Gottesdienst zur Beisetzung geben. Die Familie bittet, aus Respekt gegenüber dem Leben und Werk von Mister Salinger, diesem Wunsch zu folgen", wurde mitgeteilt: "Er wird von den wenigen, die ihm nahe waren, ebenso vermisst wie von den zahllosen Lesern."

Der Schriftsteller erlangte durch seinen Roman "The Catcher in the Rye" / "Der Fänger im Roggen" (1951) einen Weltruhm, der ihm selber nie sympathisch war: Salinger zog sich bald konsequent zurück, verweigerte jegliche Foto-Aufnahmen wie Interviews und hat seit 1965 nicht mehr veröffentlicht. Trotzdem - oder eben gerade deshalb - blieb er ein Mythos. Die rund um den "Catcher" publizierten Kurzgeschichten und Novellen genießen bei Fans und in Fachkreisen allerhöchstes Ansehen, bezüglich eines eventuell umfangreichen literarischen Nachlasses wird seit langem spekuliert.

Glaubwürdig unzuverlässiger Ich-Erzähler

Denn vor  Literaturkarriere und berühmtem Eremiten-Lebensstil war sein Leben ein bewegtes: Jerome David Salinger wurde am Neujahrstag des Jahres 1919 geboren, seine Mutter, eine irisch-schottische Katholikin, war seinem Vater Sol(omon) zuliebe zum Judentum konvertiert. Erste Schreibversuche unternahm er als junger Kadett in einer Militärschule, als Student veröffentlichte er Kurzgeschichten. Im Zweiten Weltkrieg kämpfte er in Frankreich, schrieb aber weiter. Dort traf er auch den Kriegsberichterstatter Ernest Hemingway, der ihm einer Biografie zufolge ein "verdammtes Talent" bescheinigte. Bekannt ist seine Prägung durch den Weltkrieg, doch hat er etwa unter anderem 1937 in Wien eine Lehre in einem Schlachthaus absolviert und 1941 auf einem karibischen Kreuzfahrschiff gejobbt.

"Der Fänger im Roggen", ein frühes Dokument der beginnenden Jugendrebellion, handelt von einem 16-Jährigen, der aus dem Internat fliegt und sich in Salingers Heimatstadt New York durchschlägt.  In den ersten drei Jahren weltweit zehn Millionen mal verkauft, geht es auch sechs Jahrzehnte später noch zu Hunderttausenden über den Ladentisch. Vor einem halben Jahr hatte Salinger gegen einen Autor klagen lassen, der mit "60 Years Later: Coming Through the Rye" eine Fortsetzung veröffentlichen wollte.

Die vielzitierten, einst umstrittenen  44 F***s des Originals wurden nie als Literaten-Pose gesehen, seine Breitseiten gegen die "phoneys" (vgl. "Pseudos") wie sein spezifischer Sprachduktus (der launische Ich-Erzähler, der "Eye Dialect") wurden viel imitiert, Salingers Glaubwürdigkeit blieb jedoch Generationen übergreifend intakt. (APA/red)