Wien - Von London wollen sie gleich gar nichts hören. "All diese internationalen Konferenzen in schönen Städten haben nichts gebracht", sagt Abaceen Nasimi, ein Projektleiter vom Institute for War and Peace Reporting in Kabul.

Auf Einladung der US-amerikanischen Botschaft waren am Donnerstag vier Vertreter afghanischer NGOs in Wien, um Alternativen zu militärischen Strategien vorzustellen. "Obamas Plan noch mehr Truppen nach Afghanistan zu schicken, bedeutet noch mehr Krieg. Die Lösung für diesen Krieg ist aber nicht militärisch" , so Amahullah Jawad, Direktor der Rural Rehabilitation Association. Die Kritik an den bisherigen Bemühungen der Alliierten, Frieden nach Afghanistan zu bringen, war verhalten aber spürbar.

Kein Vertrauen in Kabul

Die vier NGO-Vertreter waren sich einig, dass das Augenmerk auf der Unterstützung regionaler und lokaler Projekte liegen muss, um die Entwicklung in den Gemeinden voranzutreiben. "Die Leute haben kein Vertrauen mehr in die Regierung, die Kluft zwischen Bürgern und Staatsmacht ist ungemein groß geworden" , warnte Nasimi. Er schätzt, dass 60 bis 70 Prozent der Parlamentarier in kriminelle Handlungen verwickelt sind.

Die weit verbreitete Korruption ist ein großes Problem bei dem Kampf um Glaubwürdigkeit, man müsse bei den Gehältern ansetzen, so Jawad. "Ein afghanischer Lehrer verdient etwa 40 Euro im Monat, die internationalen Organisationen zahlen viel mehr und werben gute Leute ab. Diese Fachkräfte sind die Zukunft unserer Kinder und fehlen im zivilen Wiederaufbau, wir müssen ihnen mehr Unterstützung bieten." Der Regierung in Kabul mehr Verantwortung zu übertragen, wäre dabei ein wichtiger Schritt. (Julia Herrnböck/DER STANDARD, Printausgabe, 29.1.2010)