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Foto: AP Photo/Dima Gavrysh

New York - Der Historiker und Politologe Howard Zinn ist tot. Wie amerikanische Medien am Freitag berichteten, starb der Wissenschafter bereits am Mittwoch auf einer Reise im kalifornischen Santa Monica. Er wurde 87 Jahre alt. Zinn war als streitbarer Verfechter der "Geschichte von unten" bekannt. Dabei schildert er historische Ereignisse aus der Sicht der nicht prominenten Zeitfiguren, etwa des einfachen Soldaten, eines verfolgten Ureinwohners oder armen Bauern. Seine "A People's History of the United States" ("Eine Geschichte des amerikanischen Volkes") wurde zum Bestseller und auch auf Deutsch herausgegeben.

Zinn war zugleich eine Leitfigur der amerikanischen Linken. Er beteiligte sich an Friedensdemonstrationen und meldete sich oft in Interviews zu Wort. Im Zweiten Weltkrieg flog das einstige New Yorker Arbeiterkind in einem Bomber mit und durfte als Kriegsheimkehrer studieren. Später polemisierte er, dass es einen gerechten Krieg nicht geben könne und griff die amerikanische Außenpolitik scharf an. 

Reizthema Vietnam

Besonders heftig kritisierte der in Boston lehrende Professor den Vietnamkrieg. Einer breiten Öffentlichkeit wurde Zinn 1971 im Zusammenhang mit den "Pentagon-Papieren" bekannt. Deren Veröffentlichung deckte eine bewusst falsche Darstellung der Ereignisse während des Vietnamkrieges auf und trug indirekt zu dessen Ende bei.

Der Regierungsmitarbeiter Daniel Ellsberg hatte die kompromittierenden Unterlagen aus dem Verteidigungsministerium Zinn gezeigt, bevor er sie in Zeitungen veröffentlichte. Zinn verteidigte Ellsberg später vor einem Untersuchungsausschuss. In seinem Buch "Man kann nicht neutral sein auf einem fahrenden Zug" schrieb er: "Die Geheimnisse, die durch die Pentagon-Papiere offengelegt wurden, mochten für Politiker unangenehm sein oder den Profiten von Unternehmen schaden, die Zinn, Gummi und Öl wollten. Aber das war nicht dasselbe, wie der Nation, dem Volk zu schaden." (APA)