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Michael Spindelegger: "Ich schlage vor, dass man den Teil, wo es um Spekulation geht und man auch große Gewinne machen kann, auch besteuert, und zwar in der Richtung, dass es direkt Beiträge für das Sozialsystem gibt."

Foto: Reuters/Prammer

Österreichs Außenminister Michael Spindelegger forderte in Davos, dass sich die Banken an der Finanzierung der Sozialsysteme beteiligen sollen. 500 Millionen seien realistisch, sagte er im Gespräch mit Alexandra Föderl-Schmid.

STANDARD: Warum haben Sie hier in Davos vorgeschlagen, dass sich Banken an der Finanzierung der Sozialsysteme beteiligen sollen?

Spindelegger: Wir müssen uns nach den Realitäten richten. Wir haben heute eine sehr viel stärkere Bedeutung des Finanzsektors als die Realwirtschaft. Deshalb müssen wir dort ansetzen. Dass dort, wo Gewinne gemacht werden, auch Beiträge geleistet werden für Sozialsysteme.

STANDARD: Das heißt, die Banken sollen direkt etwas beitragen für die sozialen Sicherungssysteme?

Spindelegger: Ich schlage vor, dass man den Teil, wo es um Spekulation geht und man auch große Gewinne machen kann, auch besteuert, und zwar in der Richtung, dass es direkt Beiträge für das Sozialsystem gibt. Sonst werden wir mit unseren Versicherungssystemen auf Dauer nicht das Auslangen finden.

STANDARD: Wie soll das funktionieren? Mit einer Finanztransaktions- oder Bankensteuer?

Spindelegger: Man muss flexibel sein, ob es eine Finanztransaktionssteuer oder eine Bankensteuer für den Spekulationsbereich wird. Man muss das mit Banken erarbeiten. Ich glaube, dass bei uns konstruktive Möglichkeiten bestehen. Die bisherigen Vorstellungen des Bundeskanzlers und von US-Präsident Obama gehen dahin, eine Bilanzsummensteuer zu machen. Das kann dazu führen, dass das ein Jobkiller wird. Dann werden Kredite teurer für kleinere und mittlere Unternehmen und die Privathaushalte. Damit kann man den gegenteiligen Effekt erzielen.

STANDARD: Wie könnte das Modell einer Bankensteuer für den Spekulationsbereich konkret aussehen?

Spindelegger: Dass wir diesen spekulativen Teil aus den Banken herausrechnen und auf eine Summe kommen, die auch der Bundeskanzler angestrebt hat. 500 Millionen sind realistisch.

STANDARD: Sind Sie für einen Alleingang in Österreich?

Spindelegger: Es soll europäisch angestrebt werden. Eine Reihe von Ländern hat so etwas angekündigt: In Deutschland, Frankreich und auch bei uns läuft die Diskussion. So groß war die Chance noch nie, zumindest EU-weit eine Vorgangsweise zu finden.

STANDARD: Diskutiert wird auf EU-Ebene schon seit Monaten. Warum marschiert Österreich nicht voran?

Spindelegger: Man muss die Folgen dabei bedenken, ob das Kapital abfließt. Ich fürchte, die Gefahr ist groß. Deshalb wäre ich da vorsichtig.

STANDARD: Großbritannien will eine Boni-Steuer einführen. Was halten Sie davon?

Spindelegger: Wir vom ÖAAB stellen den Bonus für Manager nicht prinzipiell infrage. Man soll eher dafür sorgen, dass mehr im Unternehmen am Erfolg teilhaben können. Das kann man mit steuerlichen Anreizen fördern. Da sehe ich zu wenig Bereitschaft von Gewerkschaftsseite, diesen Weg mitzugehen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 30./31.1.2010)