Wien - Erst der Crash, dann die Flucht: Auf Österreichs Pisten verschwinden zwischen 15 und 20 Prozent der Ski- und Snowboardsportler nach einem Unfall. Allerdings: Ein Großteil der Fahrerflüchtigen ist sich dessen nicht einmal bewusst. "Ein klassisches Szenario ist, dass es zu einer Kollision kommt. Das Opfer steht auf und sagt, dass eh alles in Ordnung ist. Ein paar Stunden später schwillt dann das Bein an, und es stellt sich heraus, dass es gebrochen ist", erklärte Franz Ebner, Leiter der Alpinpolizei, am Donnerstagabend in Wien.
Ein Sorgenkind der Exekutive und des Kuratoriums für alpine Sicherheit (KfaS) sind aber die Skitouren-Geher. Das Wedeln abseits der Piste wird immer beliebter - die Folge sind mehr Unfälle und Tote. Gab es in der Wintersaison 2005/06 noch 217 Unfälle, bei denen 18 Menschen ums Leben gekommen sind, waren es im Vorjahr bereits 337 Zwischenfälle mit 35 Toten.
Rund 25 Sportler pro Jahr sterben bei Lawinenabgängen - erst am Montag wurden in Obergurgl in Tirol drei Menschen durch Schneemassen verletzt, einer davon schwer. Doch nicht nur Lawinen sind ein tödliches Risiko, sondern auch Selbstüberschätzung und mangelnde Fitness. Denn bei einem Drittel aller Toten in den Alpen ist ein Herz-Kreislauf-Stillstand die Todesursache.
Heuer sieht es bisher gut aus, die Zahl der Wintersport-Verunglückten ist noch niedrig. Allerdings starb am Freitag ein Mann bei einem Skirennen in St. Corona am Wechsel, als er gegen einen Baum prallte. In den Semesterferien werde die Statistik weiter schlechter, fürchtet Alpin-Polizist Ebner.
Generell helfe nur Eigenverantwortung, härtere Gesetze lehnt KfaS-Präsident Karl Gabl ab. "Der Bergsport ist der letzte Freiraum den wir haben, wir sind gegen eine Kriminalisierung." Bei Gerichtsverhandlungen reiche es aus, die Schuldfrage anhand der FIS-Regeln zu klären. Eine Ansicht, die Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) teilt. Denn die Bereitschaft zum Selbstschutz habe in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen, was auch die Statistik beweise. Im Vorjahr fuhren bereits 77 Prozent der unter 15-Jährigen mit Helm. (moe/DER STANDARD, Printausgabe, 30./31.Jänner 2010)