Wien - Seit genau fünf Jahren ist Vladimir Drobnjak Chefverhandler für den EU-Beitritt in Kroatien. In dieser Zeit hat der 53-jährige Jurist sein Land bis auf wenige verbliebene Hürden an die Union herangeführt. Spätestens 2012 will er die letzte davon übersprungen haben, sagte er am Freitag bei einem Besuch in Wien im Gespräch mit dem Standard.
"Die Herausforderungen in er Endphase dieses Prozesses sind die üblichen: Strukturfonds, Regionalförderungen oder das Agrarkapitel. Dazu kommen sehr, sehr strenge Kriterien im Justizkapitel. Aber das werden wir schaffen. Daneben bereiten wir uns schon jetzt auf den Tag nach dem Beitritt vor. Denn wenn wir nicht gleich alle Vorteile ausschöpfen können, ist die Mitgliedschaft nur halb so viel wert." Noch heuer sollen die Verhandlungen in allen 35 Kapiteln abgeschlossen, 2011 der Beitrittsvertrag unterzeichnet sein. Dann, erklärt Drobnjak, müsse man sehen, wie rasch der Ratifikationsprozess in den Mitgliedstaaten vorankomme. Dass könne Zagreb nicht mehr kontrollieren.
Dass etwa Slowenien den Beitritt Kroatiens wegen des Seegrenzenstreits in Istrien doch noch blockieren könnte, glaubt der Chefverhandler nicht. "Unsere Regierungen haben einen Kompromiss gefunden. Wir haben ihn im Parlament ratifiziert, die Slowenen müssen das noch tun. Wir sehen darin die Lösung nicht nur des Grenzproblems, sondern auch anderer bilateraler Streitigkeiten. Das sollte unseren Beitrittsprozess also nicht mehr belasten." Zuletzt hätten sich die Beziehungen zu Laibach nicht nur verbessert, man arbeite auch in verschiedenen Bereichen gut zusammen.
Im letzten Fortschrittsbericht für Kroatien warf die EU-Kommission Zagreb noch immer eine endemische Korruption vor, es gebe zwar Verhaftungen, aber die gerichtliche Verfolgung der Verdächtigen gehe nur sehr langsam voran. Drobnjak dazu: "Wir haben sehr große Fortschritte in dieser Frage gemacht. Die Top-Priorität unserer Regierung in 2010 ist der Kampf gegen die Korruption. Premierministerin Kosor hat erklärt, dass niemand geschont wird."
Die Affäre um die Hypo Alpe-Adria-Bank wollte Drobnjak nicht kommentieren, das sei nicht Gegenstand der Beitrittsverhandlungen. Er kenne keine Details und wisse auch nichts davon, dass der frühere bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber Kroatien gedroht habe, es könne Probleme beim Beitritt bekommen, wenn es seinen Markt nicht für die Hypo öffne: "Ich kenne alle Details in den Beitrittsverhandlungen, dieses berührt sie jedenfalls nicht." (Christoph Prantner/DER STANDARD, Printausgabe, 30./31.1.2010)