Eva Werner, erste FH-Rektorin: "Ich kann Vorbild für andere Frauen sein."

Foto: FH Krems

Standard: Seit Einführung der Fachhochschulen sind Sie die erste FH-Rektorin Österreichs. Was bedeutet diese Tatsache für Sie?

Werner: Da ich seit 1994 an der FH Krems bin, ist es eine Bestätigung meiner Arbeit. Ich durfte mithelfen, die FH aufzubauen, weshalb es im Gesamtkonzept schön ist, an diesen beruflichen Höhepunkt zu kommen. Zugleich freut es mich, dass ich als erste Frau in dieser Funktion auch Vorbild für andere Frauen sein kann und sie darin bestärke, sich auch nach einer Kinderpause Karriere zuzutrauen.

Standard: Sie waren an der Wirtschaftsuni und an der Donau-Uni Krems tätig, kennen also auch das universitäre System sehr gut. Was unterscheidet die Unis heute von den FHs, was kann das eine vom jeweils anderen System abschauen?

Werner: Es sind zwei Systeme, die gut nebeneinander bestehen können, wenngleich es Bereiche gibt, in denen sie miteinander können müssen. Ein wesentlicher Unterschied ist sicher, dass FHs stark praxisorientiert sind, und ein weiterer, dass ihre Curricula starrer sind. Dies soll die Einhaltung der Studienzeiten sichern, was auch ein Anliegen der Wirtschaft gewesen ist. Wir als FH haben den Auftrag, mit der Wirtschaft zu kooperieren und eine praxisorientierte Ausbildung auf Hochschulniveau zu gewährleisten. Die Universität wird sich wahrscheinlich immer viel stärker an der Grundlagenforschung orientieren. Von diesen Unterschieden können aber beide Systeme auch profitieren.

Standard: Wie sehen Ihre Pläne für die FH Krems aus? Wird es neue Schwerpunkte geben?

Werner: Wir haben drei Kernbereiche: Gesundheitswissenschaften, Wirtschaft sowie Life Sciences. Weitere soll es nicht geben, aber diese Bereiche möchten wir stärken und ausbauen. Wir möchten konsequent die Qualitätsorientierung verfolgen und uns so auch international klar positionieren. Absolut wichtig ist mir persönlich, sich stets der Verantwortung für unsere Studierenden bewusst zu sein und ihre Anliegen ernst zu nehmen. Die Absolventen sollen nicht nur sagen, es war eine tolle Zeit in Krems, wir haben eine großartige Ausbildung erhalten, sondern auch, dass sie als Menschen, als Individuen wahrgenommen und geschätzt wurden.

Standard: Die Unis wehren sich zum Teil gegen den Ausbau berufsbegleitender Studiengänge, vor allem im Bereich des Bakkalaureats. Es wird argumentiert, dass die Klientel kaum berufstätig sei, man hat meist Leute vor Augen, die direkt von der Schule kommen. Hat diese Realitätsverweigerung Zukunft?

Werner: Ich weiß aus Gesprächen mit Kollegen von verschiedenen Unis, dass es sehr wohl Angebote für berufstätige Studierende gibt. Allerdings muss man folgendes festhalten: Man kann Lehrveranstaltungen für Leute, die arbeiten, einfach am Abend anbieten, mit derselben Didaktik und Methodik wie für die Tages- und Vollzeitstudierenden. Die Grundlage des echten berufsbegleitenden Studiums sieht aber anders aus. Da geht es darum, den beruflichen Erfahrungen und Bedürfnissen der Studierenden in der Konzeption des Studiums, in Methodik und Didaktik, Rechnung zu tragen. An Unis und in Studienrichtungen mit Hunderten von Studierenden ist das nicht so leicht umsetzbar. Aber natürlich wäre es für Studierende interessant, wenn auch Unis richtige berufsbegleitende Angebote hätten.

Standard: Anfang der Woche präsentierte Vizekanzler Josef Pröll die neue Wissenschaftsministerin Beatrix Karl. Haben Sie sich schon mit ihr als Person beschäftigt? Welche Erwartungen hegen Sie?

Werner: Ich kenne sie bislang nur aus Medienberichten, sehe es aber als positives Signal, dass der Posten mit einer Frau besetzt worden ist, die über einschlägige Hochschulerfahrung als Professorin verfügt und auch als Wissenschaftssprecherin ihrer Partei im Einsatz war. Sie übernimmt kein leichtes Amt und wird Geschick und Stehvermögen brauchen, um die virulenten Hochschulprobleme konstruktiv zu lösen.

Standard: Was sind Ihre dringendsten Wünsche an Karls Ressort?

Werner: Neben den ständigen finanziellen Problemen, die uns drücken und die gelöst werden müssen, ist wichtig, dass die verschiedenen Akteure im Hochschulbereich gleichberechtigt behandelt werden und auch die FHs weiter gefördert werden.

Standard: Ein Anliegen vieler FHs ist ein eigenes Promotionsrecht ...

Werner: Dafür trete ich auch ein, denn es wäre eine Stärkung der Fachhochschulen. (Bernhard Madlener, DER STANDARD/Printausgabe 30.1/31.1.2010)