Momentaufnahmen aus der sogenannten "Ausländerdebatte": Innenministerin Maria Fekter hat sich total verrannt und selbst gelähmt. Wer Asylpolitik nach dem Prinzip betreibt "Dem rechten Affen Zucker geben" und dann so inkompetent vorgeht wie sie, treibt der extremen Rechten (oder der in dieser Frage bedenkenlosen burgenländischen Sozialdemokratie) nur Wähler zu.

In Wien hat die sogenannte "Zuwanderungskommission", zusammengesetzt aus Politikern, NGOs und Experten, einen 70seitigen Bericht veröffentlicht, der zur Richtschnur der Wiener Zuwanderungspolitik werden soll. Er konstatiert, dass die Debatte "bisher an der Realität vorbei" laufe, nämlich, dass Wien eine Zuwanderungsstadt sei (ein Drittel der Einwohner hat Migrationshintergrund). Diese Zuwanderung müsse aber gestaltet werden: erstens, indem man den Zuwanderern eine "Integrationsbegleitung" angedeihen lasse, die "Eigenverantwortung freisetzt"; zweitens, indem "die Stadt jene Fachleute und Spitzenkräfte für sich gewinne, deren Qualifikationen benötigt werden".

Übersetzung: Es muss Schluss sein mit dem Import billiger, unqualifizierter Arbeitskräfte aus gesellschaftlich rückständigen, modernisierungsresistenten Schichten. Hilfsarbeiter, die ihre Frauen nicht Deutsch lernen lassen und ihre Töchter mit 15 aus der Schule nehmen, um sie zwangszuverheiraten, sind nicht das Zuwanderungsideal.

Schließlich wurde bei einer Veranstaltung des Vereins "Markierungen" in Linz die Frage diskutiert, warum die politische Frage in der Asyldebatte so verroht ist (beim Thema Arigona musste sogar die Krone ihr Internetforum wegen der wüsten Ausfälle schließen). Walter Ötsch, Leiter des Zentrums für soziale und interkulturelle Kompetenz an der Uni Linz, sagte, dass "Sprache auch eine soziale Realität schafft" und der hier Politik wie (manche) Medien ihre Verantwortung nicht wahrnehmen.

Tatsächlich ist der Ton der sogenannten "Ausländerdebatte" in diesem Land in den letzten Jahren so beängstigend geworden, dass man als nächste Steigerungsstufe wohl mit dem Ausbruch von Gewalt rechnen muss.

Es ist daher Zeit, einzugreifen. Was die Koalitionsparteien ÖVP und SPÖ versuchen, nämlich den Radikalen irgendwie ein bisserl entgegenzukommen, weil sich dann der Unmut von selbst auflöst, ist zum Scheitern verurteilt.

Die Strategie kann nur darin bestehen, einerseits den Hetzern beinhart entgegen zu treten und andererseits dem verunsicherten Teil der Bevölkerung zu signalisieren, dass man das Problem konstruktiv angeht. Darüber offen reden ist der erste Schritt zur Lösung. Wer ständig im Unklaren darüber gelassen wird, was jetzt kommt - sei es bei eventuellen Kürzungen der Sozialleistungen, bei Reformen der Gesundheitspolitik oder eben beim "Ausländerthema" - der kriegt Angst. Und Angst treibt zu den Radikalen.

Die Regierung hat das (noch?) nicht begriffen. Wäre es nicht Zeit für die paar unumstrittenen Autoritäten in diesem Land, die Stimme zu erheben - und meinetwegen untereinander abgesprochen - endlich die Realität anzusprechen? (Hans Rauscher, DER STANDARD, Printausgabe, 30./31.1.2010)