Und was wird das "Islamische Emirat Afghanistan" nun sagen? 350 Millionen Euro wollen Japan und die Europäer noch einmal lockermachen, um Taliban-Kämpfer aus dem Haufen der Aufständischen herauszukaufen. Den "desillusionierten Brüdern" will Staatschef Hamid Karsai die Hand reichen, die Führer der radikal-islamischen Untergrundarmee einladen als hoffähig gewordene Partner für das Afghanistan von morgen. Dummköpfe wären sie, wenn sie dieses Angebot ernsthaft annähmen. Mullah Omar und der Führungskreis der Taliban glauben an den Sieg in Afghanistan, nicht an die Aussicht auf ein kleines Ministeramt in Kabul.

Das wird gern übersehen in der Aufregung über den "Strategiewechsel" in Afghanistan und hypothetische Abzugstermine der Nato: Der Kern der Taliban kann kein Interesse an einem Ausgleich mit der vom Ausland finanzierten und geschützten Regierung haben. Die Taliban sind stark, nicht geschwächt und auf dem Rückzug.

Stammesführer zu kaufen, jungen Männern mehr Geld und bessere Arbeit zu bieten als die Taliban ist ein Weg neben anderen, um Afghanistan in den nächsten Jahren zu stabilisieren und näher an einen Frieden zu bringen. Aber wie soll ein politischer Kompromiss mit den Taliban aussehen? Ein bisschen mehr Frauen wegsperren, Fernsehen verbieten, die Nato-Truppen hinauswerfen? Gesinnung ist käuflich - das ist die fragwürdige Prämisse des Westens. (Markus Bernath, DER STANDARD, Printausgabe, 30./31.1.2010)