Der frühere Premierminister Tony Blair hat die britische Beteiligung am Irakkrieg uneingeschränkt verteidigt. "Ich würde die gleiche Entscheidung genauso wieder treffen." Das Regime Saddam Husseins habe eine Bedrohung für die Region und darüber hinaus dargestellt, die Waffeninspektionen der Uno seien wirkungslos geblieben.

Die britische Irak-Untersuchungskommission forderte der ehemalige Regierungschef dazu auf, den Krieg nicht nur aus der Sicht von März 2003 zu beurteilen: "Es ist auch eine Frage von 2010. Wenn wir damals die Nerven verloren hätten, wäre er heute immer noch eine Bedrohung." Der Auftritt des heute 56-Jährigen vor dem fünfköpfigen Tribunal, das Vorgeschichte und Verlauf des Feldzuges aufklären soll, war seit Wochen mit Spannung erwartet worden. Vor dem Kongresszentrum in der Londoner Innenstadt versammelten sich Hunderte von Demonstranten, die den Premierminister (1997-2007) als "Lügner" und "Kriegsverbrecher" brandmarkten. Im Sitzungssaal selbst lauschten Angehörige der 179 gefallenen britischen Soldaten sowie die 80 Gewinner einer Lotterie, bei der sich mehr als 3000 Interessierte um eine Eintrittskarte beworben hatten. Die Nachrichten-Sender übertrugen die insgesamt sechsstündige Sitzung live.

Blair machte deutlich, wie sehr aus seiner Sicht britische und amerikanische Interessen übereinstimmen. Den Massenmord vom 11. September habe er aufgefasst "nicht als Angriff auf Amerika, sondern auf uns" . Durch die islamistische Terror-Bedrohung habe sich "die Risikobeurteilung völlig verändert" . Weil Al-Kaida "auch Atomwaffen eingesetzt hätte" , veränderte sich die westliche Bewertung jener Staaten mit geheimen Nuklearprogrammen.

Im Fall Saddams seien dessen Einsatz von Giftgas gegen die eigene Bevölkerung sowie die fehlgeschlagenen Versuche seiner vollständigen Entwaffnung hinzugekommen. Wie im Vorfeld des Krieges - und anders als US-Präsident George Bush - räumte Blair auch diesmal ein, dass es keine Verbindung zwischen Al-Kaida und Saddams Regime gab.

"Ich sagte ihm (Bush) zu"

Blair bestätigte indirekt die Aussage des früheren britischen Botschafters in Washington, Chris Meyer. Dieser glaubt, der Premier habe bereits Anfang April 2002 bei einem Besuch auf Bushs Ranch in Texas "einen Deal in Blut" abgeschlossen, mit anderen Worten: den USA Unterstützung für den gewaltsamen Sturz des Regimes im Irak zugesagt. "Ich sagte ihm zu: Wir würden an seiner Seite stehen, wenn eine diplomatische Lösung nicht möglich wäre und es zum Krieg kommen würde" , erklärte Blair.

Mehrfach bezog sich Blair auf den Bericht der Waffeninspektoren, die nach dem Krieg den Irak untersucht hatten. Zwar wurden im Zweistromland keine ABC-Waffen gefunden, aber: "Saddam hatte die Absicht, seine Waffenprogramme wieder aufzunehmen." Dem Unterhaus hatte Blair im September 2002 mitgeteilt, die Erkenntnisse der Geheimdienste über Saddams ABC-Waffenprogramme seien "zweifelsfrei". (Sebastian Borger aus London, DER STANDARD, Printausgabe, 30./31.1.2010)