São Paulo - Mit einem Appell für eine größere politische Beteiligung der sozialen Bewegungen ist nach fünf Tagen das Weltsozialforum im südbrasilianischen Porto Alegre zu Ende gegangen. Entsprechend dem Motto "Eine andere Welt ist möglich" haben mehr als 35 000 Teilnehmer auf über 900 Veranstaltungen über alternative Wirtschafts- und Sozialmodelle beraten, hieß es nach Angaben der Organisatoren vom Freitag.

Als prominentester Gast war Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva vor den Globalisierungskritikern aufgetreten und hatte zur weltweiten Solidarität mit Haiti aufgerufen. Das Weltsozialforum wurde 2001 als Gegenveranstaltung zum Weltwirtschaftsforum in Davos ins Leben gerufen.

Bestimmendes Thema der Debatten waren in diesem Jahr die Auswirkungen der weltweiten Finanzkrise. Der Ökonom Paul Singer warnte vor einem neuen Crash an den Finanzmärkten im Abstand von zwei bis vier Jahren, wenn das Bankensystem nicht reguliert werde. Als Alternative sprach er sich für eine Verstaatlichung von Banken aus, da diese eine öffentliche Funktion hätten. Einer der Gründer des Forums, Cándido Grzybovski, sagte, in den vergangenen zehn Jahren habe das neoliberale Wirtschaftssystem seine Anfälligkeit offenbart und sei mehrfach vor einem Kollaps gestanden.

Nach Einschätzung von Carlos Lopes, der als Vertreter der Vereinten Nationen geladen war, haben die BRIC-Staaten Brasilien, Russland, Indien und China gemeinsam mit den USA den Boden für ihre weltweite ökonomische Führungsrolle geebnet. "Es fehlt nicht mehr viel Zeit und China belegt den ersten Platz." Die politische und wirtschaftliche Dominanz der G-8-Länder bewertete er als überholt.

Doch die Debatten in Porto Alegre wurden auch von internen Auseinandersetzungen über den künftigen Kurs des Forums bestimmt. So verließen Vertreter der Landlosenbewegung MST (Movimento sem Terra) aus Protest gegen ausbleibende Agrarreformen die Ansprache von Lula. Bei Amtsantritt 2003 gehörten sie noch zu seinen Unterstützern. In diesem Jahr sind noch weitere Foren in Kpomassé (Benin), Istanbul und Madrid vorgesehen. 2011 soll das Weltsozialforum dann wieder nur in einer Stadt, in Dakar (Senegal), ausgerichtet werden. (APA)