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Bei Valentino werken zwei neue Designer: Ihre Chiffonkleider stachen in Paris hervor.

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Farbverläufe bei Givenchy

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Avatar-Amazonen bei Gaultier

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Die Haute Couture ist ein zerbrechlicher Mikrokosmos. Dass sich dafür nur noch die wenigsten interessieren, liegt nicht an den exorbitanten Preisen der maßgeschneiderten und handgefertigten Kleider - diese hatten schon immer ihren Preis. Es liegt an der Gegenwartsferne der Couturiers. Die Designer orientieren sich an Märchenwelten.

Das Haus Dior beispielsweise schneidert neuerdings für Kundinnen, die im Damensitz über die Kärntner Straße traben möchten. Chefdesigner John Galliano machte eine Zeitreise ins Jahr 1953. Bei den Recherchen für seine jüngste Couture-Schau stieß er auf Charles James, einen amerikanischer Couturier, der ein etwas verschrobenes Frauenbild pflegte. Im Dior-Stammhaus auf der Avenue Montaigne zeigte Galliano Damen mit Reitgerten und schwingenden New-Look-Röcken. Wenn es einen Preis für die schönste historische Kollektion geben würde, Galliano wäre mit seinen 1953er-Modellen ein heißer Kandidat dafür.

Riccardo Tisci orientiert sich an einem anderen Jahrzehnt. Der Chefdesigner von Givenchy ist einer der Besten seiner Zunft. Seinen Einfluss auf die Mode kann man derzeit selbst in den Fußgängerzonen von Kleinstädten bemerken: Schnallenpumps zu Röhrenhosen und Herrensakkos machen sich breit. Seitdem der Italiener die Couture-Kollektion von Givenchy verantwortet, verändert sich auch das Publikum in der ersten Reihe der Modeschau. Statt Catherine Deneuve sitzt dort plötzlich die neue Generation des internationalen Jetsets: Diesmal nahmen Margherita Missoni, Olympia Scarry und Bianca Brandolini Platz in dem herrschaftlichen Saal des Hotels Westin auf der Rue de Castiglione, einer Location in der auch schon Yves Saint Laurent seine Couture gezeigt hatte. Tatsächlich fühlte man sich an dessen goldene Zeiten erinnert.

Givenchys Glam-Rock-Look 

Tisci schickte den Glam-Rock- Look der Siebzigerjahre über den Laufsteg, inspiriert von dem Make-up-Künstler und Fotografen Serge Lutens. Eine kleine und schnelle Show mit nur 24 Looks, für die Tisci vor allem kräftige Farben wählte wie Lila, Smaragdgrün und Electric-Blau. Er zeigte Cocktailkleider aus Organza, Shorts aus Marabufedern und Jumpsuits. Cool sah das aus, wenngleich nicht wirklich neu.

Viva México oder doch lieber Afrika? Jean Paul Gaultier setzt sich bei jeder seiner Modeschauen ein Thema. Manchmal geht das gut, manchmal verfängt er sich aber in selbstgewählten Fangstricken. Sombreros, Gauchos, Palmenzweige im Haar, Kleider aus Denim und Kleider, die aussahen, als wären sie aus Bast geflochten, braun, blau, grün, gelb, schwarz, golden - Gaultiers Inspiration muss in dieser Saison unstillbar gewesen sein. Ungefiltert brandete die exotische Fantasiewelt über den Laufsteg.

Theater bei Gaultier 

Natürlich ist - wie auch John Galliano - Jean Paul Gaultier ein wunderbarer Couturier. Diesmal wirkte seine Show aber wie ein Theaterspektakel. Zum Schluss trat auch noch die französische Chansonette Arielle Dombasle auf den Laufsteg und sang Playback zu Carmen Miranda. Und Gaultier rannte ihr mit einer herzförmigen Blume entgegen.

Den Abschluss der Haute Couture machte diesmal das Haus Valentino. Unkonventionell war die Wahl der Location des traditionsreichen Luxusunternehmens, das normalerweise in seinen eigenen Räumen an der Place Vendôme, gegenüber dem Hotel Ritz, zeigt. Geladen wurde diesmal in den mit schwerem Teppichboden ausgelegten Couvent des Cordeliers, eine Industriehalle. Es war die dritte Haute-Couture-Show des Designduos Maria Grazia Chiuri und Pier Paolo Piccioli, das nach dem Rückzug des Meisters das Designruder übernommen hat. Vielleicht, so lässt sich nach ihrer Show sagen, gibt es doch noch Hoffnung für die Haute Couture.

Den Hintergrund bildete eine Installation der Künstlerin Jennifer Steinkamp. In einem virtuellen Garten Eden wurden sich bewegende Bäume an die Wände projiziert. Genauso schwerelos kamen auch die Kleider daher: Chiffon dominierte den Laufsteg, unterbrochen von technoid anmutenden Kleidern aus Haifischleder. Kräftige Farben wie Gelb und Pink spielten mit Braun und Beige. Genauso wie bei Gaultier gab auch das Valentino-Duo den Film Avatar als Inspiration an. Humanoide, die auf Haute Couture stehen, haben diese Saison modetechnisch viel Auswahl. (Jina Khayyer aus Paris/Der Standard, Printausgabe 30.01.2010)