Kabul - Der afghanische Präsident Hamid Karzai hat Taliban-Kämpfer aufgerufen, ihre Waffen niederzulegen und die Gesetze des Landes zu respektieren. Er folgte damit am Sonntag einem Beschluss der Londoner Strategie-Konferenz, Aufständischen Anreize zur Einstellung ihres Kampfes zu bieten. Er sei bereit, Taliban-Führern so weit wie möglich entgegen zu kommen. Das Versöhnungsangebot gelte aber nicht für Mitglieder des Terrornetzwerks Al-Kaida, betonte Karzai auf seiner ersten Pressekonferenz nach der Rückkehr aus London.

Schon vor der Londoner Afghanistan-Konferenz hatte es von der Kabuler Regierung Anreize für Aufständische gegeben, ihren Kampf zu beenden. Ranghohe militante Kämpfer wurden damit aber bisher nicht erreicht. Karzai hat seine Bereitschaft zu einem Treffen mit Taliban-Führer Mullah Omar erklärt. Die Taliban haben Friedensgespräche mit seiner Regierung abgelehnt, solange internationale Truppen im Land sind. Karzai hat das als unrealistisch bezeichnet.

Bei einem NATO-Luftangriff wurden am Samstag nach Angaben der Kabuler Regierung vier verbündete afghanische Soldaten getötet. Die internationale Afghanistan-Schutztruppe (ISAF) sprach von einem "bedauerlichen Zwischenfall" und kündigte eine Untersuchung an. Das Kabuler Verteidigungsministerium erklärte, die Verantwortlichen müssten ermittelt und bestraft werden.

Sprecher: Missverständnis

Nach Angaben der ISAF und des afghanischen Verteidigungsministeriums ereignete sich der Zwischenfall am Samstagmorgen um 03.00 Uhr bei einem abgelegenen Kontrollpunkt an einer Gebirgsstraße in der Provinz Wardak. ISAF-Soldaten, die von einem Einsatz gegen die Taliban zurückkehrten, seien von der afghanischen Besatzung des Kontrollpunktes unter Beschuss genommen worden, sagte ein ISAF-Sprecher, Brigadegeneral Eric Trembley. Die Einheit, die auch von afghanischen Soldaten begleitet worden sei, habe das Feuer erwidert und Luftunterstützung angefordert. Bei dem Luftangriff wurden vier afghanische Soldaten getötet und sieben weitere verletzt.

Ein Sprecher der Provinzregierung sagte, der Zwischenfall gehe auf ein Missverständnis zurück, ohne Einzelheiten zu nennen. Im November vergangenen Jahres waren bei einem Feuergefecht zwischen Verbündeten acht Afghanen - vier Soldaten, drei Polizisten und ein Übersetzer - getötet worden.

Ein afghanischer Übersetzer erschoss unterdessen nach Angaben aus NATO-Kreisen zwei US-Soldaten und tötete sich danach selbst. Das wurde am Samstag bekannt. Die Hintergründe der Tat waren zunächst unklar.

Kein Sondierungsgespräch mit UNO

Die afghanischen Taliban dementierten am Samstag Berichte, sie hätten sich mit UN-Vermittlern zu einem Sondierungsgespräch über Friedensaussichten getroffen. Angaben über ein Treffen zwischen Taliban-Vertretern und dem Leiter der UN-Mission in Afghanistan, Kai Eide, seien völlig aus der Luft gegriffene Gerüchte, hieß es in einer Erklärung des Taliban-Rates.

Eide hat bisher kein Treffen mit Taliban öffentlich bestätigt. US-Außenministerin Hillary Clinton hatte aber angedeutet, Eide wolle sich selbst ein Bild über die Vorstellungen einiger Taliban machen. In deren Dementi wurde die Fortsetzung des Krieges in Afghanistan bekräftigt. Die Ablehnung von Friedensangeboten habe der US-Strategie in Afghanistan einen "vernichtenden Schlag" versetzt. (APA/apn)