Noch stehen die Kühe und Schafe in den Ställen im Tal. Doch sobald der Schnee zurückgegangen ist, werden sie die Almen im Großarltal wieder in ihren Besitz nehmen. Jetzt gehören die Futterwiesen den Skifahrern, die hier, in der Skiwelt-Amadé, dem größten Skiverbund Österreichs, von 270 Skiliften und Seilbahnen auf die Pisten gebracht werden. Bis auf 2.700 Meter hinauf reichen die Abfahrten, der Ort Großarl liegt auf 920 Meter Seehöhe – Schnee gibt es hier immer noch mehr als genug. Allein die Skischaukel Großarl-Dorfgastein verfügt über 80 Kilometer Piste.
Während also das Almvieh gelangweilt im Stall steht, Heu wiederkäut und vom Sommer träumt, tummeln sich auf ihren Weiden die Winterurlauber. Angebote gibt es genügend: Winterwanderwege, Langlaufloipen, ein Tourenskigebiet, Rodelpisten oder Fahrten mit dem Pferdeschlitten sowie laufende Modernisierungen – vor zwei Jahren wurde eine neue 8er-Kabinenbahn eröffnet – bringen dem Skigebiet immer wieder Auszeichnungen ein.
Auf ein Wort mit dem Direktor
Direkt an der Panorama-Bahn Großarl I steht das Hotel Edelweiss. Dass es sich hier um einen traditionsreichen Familienbetrieb handelt, erkennt man spätestens, wenn man aufs Zimmer geht: im Treppenhaus hängt ein riesiger Stammbaum mit allen Familienmitgliedern – die meisten davon sind in irgendeiner Form in den Hotelbetrieb integriert.
Hoteldirektor Peter Hettegger scheint jeden Hotelgast persönlich zu kennen. Jene, die zum ersten Mal hier sind, werden besonders herzlich begrüßt, für ein "Tratscherl" ist immer Zeit und am Abend trifft man sich ohnehin an der Hotelbar, wo dann Freundschaften entstehen. Wenn Hettegger sich nicht gerade um die persönlichen Wünsche und Anliegen seiner Gäste kümmert, schleppt er auch gerne Möbel durchs Hotel, räumt Teller von den Tischen oder greift seiner Schwiegertochter Elke an der Rezeption unter die Arme.
Auf Wanderschaft mit dem Opa
Im Frühling und Sommer startet Hettegger gemeinsam mit Gästen zu Radtouren oder Wanderungen, im Kösslerhäusl, einem 400 Jahre alten Knappenhaus, das von der Familie restauriert wurde, wartet Seniorchefin Anna Hettegger mit selbst gebackenen Krapfen. "Normalerweise macht mein Vater die Wanderungen", sagt Peter. "Aber manchmal, wenn ich Zeit habe, gehe ich sehr gerne auch selber und zeige unseren Gästen die Almen, die Natur und die Berge." Und natürlich ist Hettegger auch mit den Sennern befreundet.
Sobald Schnee und Skifahrer von den Wiesen verschwunden sind, kommen die Paarhufer auf die Pisten und dann gehen auch die Senner wieder ihrer Sommerbeschäftigung auf den 40 Almen im Großarltal nach: Kühe hüten, melken, Käse herstellen und Wanderer bewirten. 250 Kilometer Wanderwege führen von Alm zu Alm und überall, wo man einkehrt, wartet entweder eine deftige Jause oder ein nicht weniger deftiger Schnaps.
Aufgeblasener Schmarrn
Einer dieser Senner ist Hermann Kreuzer, der gemeinsam mit seiner Mutter und seinem Bruder die Paulhütte auf der Aigenalm betreut. "Wir sind im Sommer etwa vier Monate hier heroben und versorgen 35 Kühe", erzählt er. "In dieser Zeit machen wir vor allem Butter und Käse, aber wir haben natürlich auch viele Wanderer hier, die wir bewirten".
Und Hermann bewirtet unter anderem mit seinem sensationellen Kaiserschmarrn, dessen Herstellung allein schon ein Erlebnis ist. Auf einem Holzofen brutzelt das Mehl-Milch-Ei-Gemisch vor sich hin, bis es die richtige Bräune erreicht hat. Dann kommt ein Stück Butter dazu, Deckel drauf und dann plustert sich der Teig auf dreifaches Volumen auf, wird flockig leicht und erfüllt die Stube mit seinem unwiderstehlichen Duft.
Der Sommer in Großarl ist kurz, die Almsaison unter Umständen noch kürzer. Etwa von Mitte Juni bis Mitte September sind die Kühe und Schafe auf den Weiden unterwegs. Die Almbewirtschaftung beginnt schon etwas früher, so dass bereits im Mai die Wanderer in die Stuben einkehren können. "Es ist schon passiert, dass das Vieh plötzlich knietief im Schnee stand", erzählt Hermann. Dann muss es runter von den Almen und heim in den Stall.
Im Tal stehen im Mai bereits die Räder im Keller des Edelweiss bereit und warten auf die Gäste. 120 Kilometer Rad- und Mountainbikewege gibt es in Großarl, Peter schwingt sich selber gern in den Sattel und fährt mit den Gästen durchs Tal.
Bestnote aus dem Internet
Zu all den sportlichen Aktivitäten, gibt es im Hotel auch noch eine Wellnesswelt, in der die Gäste sich von den Anstrengungen erholen können. All das hat dem Hotel Edelweiss jetzt den HolidayCheck-Award 2009 eingebracht.
Das deutsche Online-Bewertungsportal orientiert sich bei der Preisvergabe an den Kritiken der User, die das Edelweiss und 98 weitere Hotels am Besten bewertet und am Häufigsten weiter empfohlen haben. Besonders der Familiensinn scheint es den Gästen angetan zu haben. "Man merkt, dass die Chefs persönlich da sind", meint etwa Userin Christine, "ein Hotel mit familiärer Atmosphäre", schreibt User Hans-Peter.
Seit dreißig Jahren ist das Hotel Edelweiss im Besitz der Familie, drei Generation arbeiten zurzeit gemeinsam unter einem Dach. Bei soviel Familiensinn und Engagement ist es kaum verwunderlich, dass man das Hotel am Ende ebenfalls als Freund verlässt. (ham/derStandard.at/31.1.2010)