Im Speisesaal können bereits neun Monate alte Kinder zu Klavierklängen tafeln. Im hauseigenen Schwimm-bad wird geplanscht: Die Villa Ritz hält, was ihr Name verspricht.

Foto: Villa Ritz

Attacke! Voller Schwung wirft sich Robin* auf einen großen Polster. Dass er von königlichem Geblüt ist, sieht man sofort: Der Vierjährige trägt eine Krone aus knallbuntem Papier. Etwas später, beim Vollwert-Mittagessen, ist dann auch das Ambiente angemessen. Robin und seine Freunde speisen in einem wunderschönen Saal der klassizistischen Villa. Manchmal erklingt vom Flügel in der Ecke Musik.

"Villa Ritz" heißt jener Kindergarten in Potsdam, dem seit seiner Gründung im Jahr 2006 vor allem ein Attribut anhaftet: "Luxus-Kindergarten" . Sagenhafte Geschichten machen die Runde: Die Kinder der Reichen und Schönen, unweit von Berlin, werden mit dem Butler zur Betreuung gefahren und müssen sämtliche Benimmregeln nach Knigge schon beherrschen, bevor sie mit ihrem Fahrrad ohne Stützräder klarkommen.

"Das ist wirklich Unsinn. Bei uns gibt es weder Leibwächter, noch wird den Kindern Benehmen eingetrichtert", sagt Christina Viering, die Leiterin des privaten Kindergartens, "wir wollen einfach die frühkindliche Bildung bestmöglich fördern." Dazu hat man sich einiges einfallen lassen, etwa einen Betreuungsschlüssel, der sich deutlich von städtischen Kindergärten unterscheidet.

Dort nämlich kümmert sich im Schnitt eine Pädagogin um 13 Kinder. In der Villa Ritz kommt auf sieben Kinder eine Betreuungsperson. Und dann gibt es allerlei Annehmlichkeiten, die Kindern wie Eltern gleichermaßen zugute kommen: Geigenunterricht wird angeboten, Chinesisch spielerisch erlernt, Karate und Physik gehören auch zum Programm.

"Hier bei uns haben Eltern das gleich alles in einer Hand und müssen die Aktivitäten am Nachmittag nicht noch zusätzlich organisieren" , sagt Viering. Ab der neunten Woche werden Kinder betreut, geöffnet ist von sieben bis 18 Uhr, Ferienzeiten gibt es nicht. Und, ja, sicher, Kinder können auch abgeholt werden. Aber in einem normalen Shuttle-Bus, nicht in der Limousine. Dennoch: Derlei Angebot hat seinen Preis. Je nach "Stundenplan" und Einkommen müssen Eltern 800 bis 1000 Euro monatlich für den Aufenthalt des Nachwuchses in der gemütlichen und bunten Villa hinblättern. "Das ist viel Geld", weiß auch Viering.

Elisabeth* bezahlt die Summe trotzdem gerne. "Nirgendwo sonst habe ich eine derart flexible und auf die Kinder abgestimmte Betreuung" , sagt die Steuerberaterin. Sie steht in Socken auf dem Gang und linst immer wieder nervös in die Gruppe für die Kleinen. Ihre einjährige Tochter wird gerade eingewöhnt. Das Mädchen ist unruhig, die Kindergärtnerin jedoch die Ausgeglichenheit in Person.

Am Schluss würde man natürlich gerne wissen, welche "Promis" ihre Kinder hier betreuen lassen. Frau Viering lächelt diskret und entkräftet ein weiteres Vorurteil: "Nicht alle unserer Eltern sind reich. Die meisten kommen aus der Mittelschicht. Beide verdienen und finden es ganz normal, dass ein Gehalt zur Gänze für die Kinderbetreuung verwendet wird. (Birgit Baumann aus Potsdam/DER STANDARD, Printausgabe, 01.02.2010)