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Andreas Ivanschitz gegen Arjen Robben (rechts), ein ungleiches Duell im Schnee von München. Vielleicht war der Österreicher besser angezogen, aber darauf kommt es im Fußball wirklich nicht an.

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Die lange Unterhose von Arjen Robben beschäftigt das schicke München. Sie ist aus weißer Wolle und tatsächlich hässlich, ein modischer Verschnitt oder sogar Irrtum. Der Fetzen schlackert an den Knien, schlägt sich zudem mit den giftgrünen Fußballschuhen, die wiederum überhaupt nicht zu den roten Bayern-Dressen passen. Robben selbst sagt, dass seine Frau der Hose durchaus kritisch gegenübersteht, sie nennt sie Lusttöter. "Aber ich habe es bei der Arbeit gerne warm, so werden meine Muskel besser geschützt." Zum Beispiel am Samstagnachmittag gegen Mainz inklusive Andreas Ivanschitz. Es war kalt, Schneetreiben in München, da gab es keine Alternative zu weiß, wollig und hässlich.

Es mag ein Zufall gewesen sein, dass der 26-jährige Robben bis zur 58. Minute alleine geblieben ist. Dann wurde Franck Ribéry eingewechselt, er trug aus Solidarität ebenfalls lang, allerdings hatte er anliegende, schwarze Strumpfhosen an. Punkto Geschmack waren die Franzosen den Niederländern immer schon ein Stück voraus.

Freigeist

Der Unterhaltungswert wurde jedenfalls gesteigert, Ribéry sorgte auf der linken Seite für Spaß und Laune, wobei es rechts dank Robben schon noch lustiger geblieben ist. Der Mann ist ein genialer Freigeist, macht ein Fußballspiel zum Abenteuer. Philipp Lahm agiert hinter ihm und bewundert das Vordere. "Überragend, wie er Eins gegen Eins oder Eins gegen Zwei geht." Man könnte Lahms Aufzählung beliebig fortsetzen: Eins gegen Drei, Eins gegen Vier, Eins gegen alle.

Die Bayern siegten übrigens 3:0, es war ein gefühltes 8:0, die Torschussbilanz lautete 31:6, das Eckenverhältnis 9:1. Robben bereitete die Treffer von Daniel van Buyten und Mario Gomez vor, den letzten machte er selbst, der Freistoß war eine Weide für jedes Auge. Und Andreas Ivanschitz hätten lange Unterhosen überhaupt nichts gebracht. Es gibt Tage, da will man sogar als Nackerter kein Mainzer sein. Es waren fürchterliche 69 Minuten für den Österreicher, wobei die Partie schon 90 gedauert hat, Ivanschitz wurde aber ausgetauscht im Sinne von erlöst. Er lag im Mainzer Unterdurchschnitt. Mickrige 22 Ballkontakte, ein Torschuss, nur jeder zweite Pass kam an. Über das Zweikampfverhalten sei die Unterhose des Schweigens gebreitet. "Man hat nur rote Leute gesehen. Die Bayern sind ein europäischer Topklub, wir sind Mainz und vor allem auswärts meistens hilflos" , sagte Ivanschitz danach.

Der Mann bekommt ein Problem. Nicht mit Teamchef Dietmar Constantini, das hat er. Die Leistung gegen die Bayern könnte als Argument dienen, auf den 26-jährigen Ex-Kapitän auch gegen Dänemark am 3. März Wien zu pfeifen. Eine Leistung am Sonntag gegen Mönchengladbach wird es nicht geben, Ivanschitz ist gesperrt. Immerhin hat er die fünfte gelbe Karte Robben zu verdanken, der musste gefoult werden, sonst wäre er wieder weg gewesen.

Ungnade

Ivanschitz dürfte in Mainz ein bisserl in Ungnade gefallen sein. Warum, weiß er nicht. Zu Beginn der Saison wurde er fast heiliggesprochen (sechs Tore! sechs Torvorlagen!). "Man macht sich Gedanken. Es ist klar, dass es so nicht weitergehen konnte."

Trainer Thomas Tuchel versicherte zwar, weiterhin auf ihn zu zählen, aber die Standards schießt bereits der neu verpflichte Jan Simak. Er trägt die Rückennummer zehn. Ivanschitz musste gegen die Bayern rechts im Mittelfeld beginnen, diese Position ist ihm so fremd wie Robben eine kurze Unterhose im Winter. Nach einer halben Stunde wurde er an die halblinke Position beordert, nach der Pause durfte er, so wie er es mag, zentral hinter den Spitzen keine Bäume ausreißen. Statt Simak.

Ivanschitz verbietet sich jegliche Jammerei, er wolle das blöde Image vom "braven Schwiegersohn" und der "angerührten Heulsuse" nicht nähren. "Im Fußball geht alles schnell. Man muss Ruhe bewahren und kämpfen."

Zu Constantini besteht natürlich kein Kontakt. "Ich würde gerne ins Team zurückkehren, aber das belastet mich derzeit wirklich nicht. Wahrscheinlich war irgendein Spion vom ÖFB im Stadion. Das passiert geheim."

Und dann stieg er offiziell in den Mainzer Mannschaftsbus, lachte bewundernd, als Arjen Robben vorbeihuschte. "Der war wirklich ein Erlebnis."

Die Bayern, sagte Robben, könnten sich nur selbst stoppen. Irgendwann werden sie im schicken München alle hässliche, lange Unterhosen tragen. Statt Lederhosen. Möglicherweise. (Christian Hackl aus München, DER STANDARD, Printausgabe, Montag, 1. Februar 2010)