Wenn es um das neue Kinderbetreuungsgeld geht, verwenden Politiker gerne das Wort Meilenstein. Beim Ausbau der Kinderbetreuungsplätze fällt ihnen die "bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie" ein. Und das verpflichtende letzte Kindergartenjahr wird meist unter dem Hinweis auf die nötige Sprachförderung für den Nachwuchs verkauft. Alles schön und gut und notwendig. Aber die Sache hat einen entscheidenden Haken: Im Zentrum all dieser Anstrengungen steht nicht - wie gerne beteuert wird - das Kind, sondern volkswirtschaftliche Überlegungen zum Wohle des Staates.

Das ist per se nichts Schlechtes. Nur sollte es auch entsprechend etikettiert werden. Was haben die Kleinen davon, wenn die Großen immer früher arbeiten gehen, während sie selbst ihren Platz an der Sonne (sprich: in der Familie) plötzlich mit bis zu 24 Gleichaltrigen teilen müssen? Buhlend um die Aufmerksamkeit von meist einer - im internationalen Vergleich minderqualifizierten - Pädagogin und einer noch schlechter ausgebildeten Helferin. Sicher, es gibt viele Kindergärten, die trotz systematischer Unterausstattung und Unterdotierung gute Arbeit leisten. Das ist aber das Verdienst der handelnden Personen und nicht der politischen Rahmenbedingungen.

Stichwort Ausbildung: Im Europavergleich kann man nur noch in Deutschland auf derart niedrigem Level Kindergärtnerin (es sind in der überwiegenden Mehrzahl Frauen) werden. Überall sonst beginnt die Ausbildung frühestens mit 18 Jahren, für die Dauer von mindestens drei Jahren und häufig in Form eines Hochschulstudiums. Stichwort Personal-Kind-Schlüssel: Zahlreiche Studien haben anhand dieses Faktors die Entfaltungsmöglichkeiten von Kindergartenkindern untersucht. Eines der Ergebnisse: Ein günstiger Personalschlüssel wirkt sich positiv auf die Kommunikation der Kinder aus. Umgekehrt werden bei einem schlechteren Betreuungsverhältnis Aktivitäten wie Spiele im Freien, Ausflüge oder Malen reduziert. Die heimischen Kindergärten liegen auch hier fernab von empfohlenen Qualitätsstandards.

Für die Eltern ist es schwer, all diese Faktoren, bis hin zum qualitativ oft unzumutbaren Mittagessen (Stichwort Prävention!) zu eruieren: Weder gibt es leicht zugängliche Informationen über das Konzept des jeweiligen Kindergartens, geschweige denn eine Art Qualitätssiegel, wo Eltern davon ausgehen können, dass die Rahmenbedingungen für ihr Kind hier passen.

Immerhin: Nach Jahren liegt nun ein bundesländerübergreifender Bildungsrahmenplan vor. Der beinhaltet, was Kinder dort an Möglichkeiten vorfinden sollten, wo das Wort Betreuungseinrichtung hoffentlich bald zu kurz greift. Wenn die Politik aber wirklich etwas für den Nachwuchs tun will, dann sollte sie endlich die Kindergartenstandards von Vorarlberg bis ins Burgenland vereinheitlichen.

Die Tiere haben 2004 bekommen, wovon Österreichs Kinder noch weit entfernt sind: ein bundeseinheitliches Gesetz. Die Qualität des pädagogischen Bereichs ist folglich unterm Hund. Denn Kleinkinder haben keine Lobby. Ihre Eltern sind schlecht bis nicht organisiert. Selbst ein Elternbeirat ist die Ausnahme. Den Pädagogen fehlt es an Zeit und Ausbildung für die Elternarbeit. Die Bildungsministerin zitiert gerne Nelson Mandela, wenn es um die Kleinsten geht:"Eine Gesellschaft offenbart sich nirgendwo deutlicher als in der Art und Weise, wie sie mit ihren Kindern umgeht." Ja, leider. (Karin Moser/DER STANDARD, 01.02.2010)