Als US-Präsident Barack Obama am Freitag seine Pläne für Waffenverkäufe an Taiwan vor dem Kongress präsentierte, war es in Peking zeitversetzt Samstagabend. Normalerweise arbeitet niemand. Dennoch liefen sofort von den Webseiten der Ministerien die offiziellen Proteste wie vom Band ab, wurden Sanktionen angedroht, der US-Botschafter vorgeladen. Die Empörung war aufgesetzt, China war seit Wochen vorbereitet.

Beide Seiten wissen, dass die Waffenlieferungen an Taiwan keine neue Anti-China-Politik Obamas sind, sondern die Erfüllung eines 2001 unter Vorgänger George W. Bush eingefädelten Großauftrags. Damals wollte Taiwan unter seinem als Unabhängigkeitsbefürworter von Peking gefürchteten Präsidenten Chen Shui-bian mit Hilfe der USA aufrüsten. Auf der Liste standen Offensivwaffen wie F16- Kampfjets und U-Boote. Bei Obama fehlen sie.

Pekings schrille Töne zielen nicht auf die Verhinderung der Lieferungen, sondern sind als Schuss vor den Bug der USA gedacht, künftig keine der versprochenen Offensivwaffen zu liefern. Peking sollte zu denken geben, warum der jetzige, China gegenüber aufgeschlossene Präsident Ma Ying-jeou die Waffen der USA so dankbar begrüßt: weil sie ihm helfen, seinen Annäherungskurs nach China aus einer Position der Stärke und Gleichberechtigung zu betreiben. Statt mit dem Säbel zu rasseln, sollte China die rund 1300 Angriffsraketen abbauen, die es auf Taiwan richtet. (Johnny Erling, DER STANDARD, Printausgabe 1.2.2010)