Die ÖBB als außergewöhnlicher Gast auf der Vienna Autoshow.

Foto: Reed Messe Wien / Andreas Kolarik

Als wären notorische Verspätungen, Stehplätze in überfüllten Wagons, Sitzplatzreservierungen in nicht existierenden Garnituren und verzockte Millionen, mit denen superfeines Wagenmaterial (mit funktionierenden Toiletten) angeschafft oder Pendlerzüge hätten eingeschoben werden können, nicht schlimm genug. Nein, die ÖBB zwingt mich mit ihrer Kundenunfreundlichkeit nicht nur zu kritischer Verfolgung, sie verfolgt mich mittlerweile. Und das sehr persönlich.

"Ich sitz grad im Railjet nach München, und da musste ich an Sie denken", begann ein Anrufer vorgestern sein Gespräch. Der durchaus wohlmeinende Ton weckte meine Neugier, schmeichelte gar, reflektierte er doch meine unermüdliche ÖBB-Berichterstattung. Kaum hatte ich scheinheilig mein Interesse bekundet ("Schmeckt das von Meinl veredelte Essen eh gut?"), dämmerte mir freilich Abgründiges: Der gute Mann gedenkt meiner nicht, weil er meine Stimme hören oder mir gar wertvolle Insiderinformation zustecken will. Nein, viel schlimmer. Er identifiziert mich mit der Staatsbahn, setzt mich mit Österreichs marodestem Mobilitätskonzern gleich. Das sitzt. Sticht und schmerzt noch nach Tagen.

Aber: Ich bin nicht allein mit meinem Frust. Selbst große Autokonzerne, denen man weder Nähe zur ÖBB noch Befangenheit anlasten kann, haben offensichtlich Probleme mit einer der wertvollsten Marken Österreichs. Die Aussteller der diesjährigen Wiener Automesse zum Beispiel suchten Distanz zum üppigen ÖBB-Stand. Aber das war bestimmt Zufall. Oder ein Abstandtest. (Luise Ungerböck/DER STANDARD/Automobil/29.1.2010)