Wien - "Na, dann wird es gegen eine Verwaltungsreform ja keine großen Widerstände geben" : Mit einer Portion Sarkasmus reagiert man im Finanzministerium auf die Ankündigungen aus dem Parlament, selbst einen Entwurf für ein neues Budget auszuarbeiten. "Wenn der Nationalrat eine Verwaltungsreform schneller als die Regierung zusammenbringt, freut uns das" , heißt es aus dem Büro von Josef Pröll. Vor allem auf die Ideen der Abgeordneten aus den Ländern sei man höchst gespannt.

Provoziert hat diese spöttische Reaktion Parlamentspräsidentin Barbara Prammer. Die Sozialdemokratin hatte die geplante Verschiebung des Budgetbeschlusses ins Frühjahr 2011 als "verfassungsrechtlich bedenklich" bezeichnet und mit einer Eigeninitiative des Nationalrates gedroht. Auch Abgeordnete beider Regierungsparteien sollen auf jenen Verfassungsartikel verwiesen haben, der Regierungen vorschreibt, das Budget des kommenden Jahres noch im Herbst des Vorjahres vorzulegen (siehe Wissen).

Im Finanzministerium weist man diese Bedenken zurück und auf eine Hintertür in der Verfassung hin - bis ins kommende Jahr hinein könnte demnach ein Budgetprovisorium fortgeschrieben werden. Während Pröll von dieser Variante ausgeht, will die SPÖ aber keinen Blankoscheck für die Verschiebung ausstellen. "Fix ist das nicht" , heißt es aus dem Kanzlerbüro: "Verhandelt wird so lange, bis was G'scheites rauskommt." SPÖ-Klubobmann Josef Cap sagt zum Standard : "Ich gehe davon aus, dass wir noch heuer ein Budget zusammenbringen."

Die Opposition will nachhelfen. Grünen-Chefin Eva Glawischnig kündigt eine Sondersitzung des Nationalrates an, um endlich über Bankensonderabgabe & Co zu diskutieren; FPÖ und BZÖ seien an Bord, nur Termin stehe noch keiner fest. Prölls Verschiebung hält sie für einen "glatten Bruch" der Verfassung, bei dem es darum gehe, "ein Sozialabbau-Paket" vor den Landtagswahlen in der Steiermark und Wien zu "verstecken" .

Allerdings gibt auch Glawisch-nig zu, dass dem Nationalrat - obwohl formaler Gesetzgeber - die "Ressourcen" fehlen, um selbst ein komplettes alternatives Budget zu erstellen. Noch deutlicher drückt es ihr ÖVP-Kollege Günter Stummvoll aus: "Wir haben den Brain-Trust gar nicht."

Auch Verfassungsrechtler qualifizieren Prammers Drohungen als "unrealistisch" . Heinz Mayer von der Universität Wien: "Es wird vermutlich kein Parlamentsklub ohne Unterstützung des Finanzministeriums in der Lage sein, einen Budgetvorschlag zu erarbeiten." Ähnlich sieht das sein Kollege Theo Öhlinger - nicht zuletzt auch wegen der "bestehenden Mehrheitsverhältnisse" im Hohen Haus. Ohne eine der beiden Koalitionsparteien brächte nämlich selbst eine geschlossene Opposition nicht die erforderliche einfache Mehrheit für ein Budget zustande. Per Initiativanträge eines zu erstellen würde also "eine mühselige Arbeit" , erklärt Öhlinger, bei einer solchen Vorgangsweise könnte "höchstens ein modifiziertes altes Budget" herauskommen.

Dennoch hält der Experte Prammers Reaktion "für richtig" , denn: "Die politische Kultur hätte schon verlangt, dass der Finanzminister das Parlament rechtzeitig über seine Pläne informiert. Insofern war das durchaus eine Missachtung eines übergeordneten Organs durch die Regierung. Schließlich hat das Parlament auch die Möglichkeit, eine Regierung zu entlassen." (jo, nw, pm/DER STANDARD-Printausgabe, 2. Feber 2010)