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Grazer Grüne wollen einen Konsumationsraum für Drogenkranke.

Foto: dpa/Polizei Münster

Graz - "Fixen in öffentlichen Bereichen oder herumliegende Spritzen in Grünanlagen und auf dem Spielplatz sind in Münster kein Thema mehr" , erzählt Hubert Wimber, seit zwölf Jahren Polizeipräsident von Münster, im Gespräch mit dem STANDARD.

Wimber war am Montag bei der Enquete "Standards in der Arbeit mit Drogenkranken" vom Gemeinderatsklub der Grazer Grünen zu Gast, um über die Erfahrungen zu referieren, die Münster seit 2001 in Fragen der Drogenpolitik gemacht hat. Denn damals wurde in einem gemeinschaftlichen Akt von Stadt, Drogenhilfe, Polizei und Staatsanwaltschaft ein Konsumationsraum (der dort "Kontakt- und Anlaufstelle" heißt) für Drogenkranke eröffnet

Im Jahr 2000 bekam das deutsche Betäubungsmittelgesetz nämlich im Paragraf 10a den Zusatz, dass das Einrichten von Konsumationsräumen trotz des Straftatbestands "Verschaffen von Gelegenheit zum Verbrauch von Betäubungsmitteln" - den es in Österreich nicht gibt - straffrei ist, sofern die zuständigen Behörden ihre Erlaubnis geben. "Wichtig ist, dass hier Behörden und Kommune nach außen mit gleicher Zunge reden" , weiß Wimber.

Wunsch Konsumationsraum

Die Grazer Grünen traten 2008 als Koalitionspartner des VP-Bürgermeisters Siegfried Nagl mit dem Ziel an, einen Konsumationsraum zu schaffen, wo Drogenkranke straffrei und unter hygienischen Bedingungen Drogen konsumieren, aber auch Beratung in Anspruch nehmen können. Ein Konzept für die drogentherapeutische Anlaufstelle des Drogenkoordinators der Stadt Graz, Ulf Zeder, liegt beim Bundes-Drogenkoordinator, Franz Pietsch - der STANDARD berichtete. Zu überzeugen wäre da noch der schwarze Regierungspartner, der sich defensiv bis ablehnend verhält, während SPÖ und KPÖ leichter zu gewinnen wären.

Wimber betont, dass man in der Bevölkerung durchaus punkten kann: "Die ordnungspolitischen und gesundheitspolitischen Erwartungen wurden erfüllt. Bei den Anrainern gibt es einen relativ gelassenen Umgang mit dem Drogenkonsumationsraum, und erst vor wenigen Jahren wurde in einer Entfernung von 150 Metern in voller Kenntnis der Situation ein integrativer Montessori-Kindergarten eröffnet" . Die Stadt Münster, die mit rund 270.000 Einwohnern größenmäßig gut mit Graz vergleichbar ist, hat in ihrer Kontaktstelle vier Konsumationsplätze, die man sich optisch vorstellen könne "wie Behandlungsstühle beim Friseur" , so Wimber, außerdem Beratungszentren, ein Café und ein Raucherzimmer.

"Wie ein Stuhl beim Friseur"

Dass Drogenkriminalität durch solche Einrichtungen eingedämmt wird oder es weniger oder mehr Drogentote gebe, will Wimber nicht behaupten: "Das war auch nicht das Ziel. Aber wir haben natürlich einen Einfluss auf die Drogenszene und machen auch gelegentlich Personalfeststellungen, um zu verhindern, dass eine Sogwirkung entsteht und Suchtkranke von außerhalb kommen."

Was sich Wimber noch wünschen würde? "Dass der Besitz von Drogen zum Eigenverbrauch straffrei oder zumindest so herabgestuft wird, dass die Polizei ein Ermessen hat. Da hängen wir auch in Deutschland noch am Fliegenfänger der Staatsanwaltschaft. (Colette M. Schmidt/DER STANDARD-Printausgabe, 2.2.2010)