Von Bischöfen ist man manches gewöhnt. So beging Eminenz Tadeusz Pieronek den weltweiten Holocaust-Gedenktag mit dem Sager: "Der Holocaust ist als solcher eine jüdische Erfindung." Davon fühlte sich ein Linzer Glaubensbruder offenbar zu einem spirituellen Wettbewerb herausgefordert, worauf ihm der Hl. Geist prompt zu der Erleuchtung verhalf: "Es ist schon interessant, dass in Haiti 90 Prozent Anhänger von Voodoo-Kulten sind."

Der praktizierende Volkskundler und verhinderte Weihbischof unterschied sich von seinem polnischen Kollegen darin, dass dieser nach heftiger Kritik seine Aussagen gerissen als aus einem Zusammenhang gerissen präzisierte, der aus weiteren antisemitischen Passagen bestand, wohingegen in Österreich als solchem die Linzer Privat-Theodizee weniger auf heftige Kritik als auf jene bukolische Heiterkeit stieß, die sich einstellt, wenn bodenständige Voodoo-Priester im selben Atemzug auch noch Homosexualität mit Lüge gleichsetzen. Im Bemühen um geistliche Originalität hat der hiesige Kirchenmann nicht nur seinen polnischen Kollegen ausgestochen, sondern auch Fiona als solche, die sich in Kitzbühel außerstande sah, den Ernst der Lage in Haiti von dem auf der Streif zu unterscheiden, was den alten Verdacht nährt, die Dame sei eine Erfindung von Wolfgang Fellner zwecks intellektueller Ausschmückung von "Österreich".

Jedenfalls sollte man, wenn es um bedenkliche Kulte geht, nicht in den Fehler verfallen, vor dem schon in der Heiligen Schrift gewarnt wird, nämlich den Voodoo-Splitter von Haiti als das größere Übel zu betrachten als den Voodoo-Balken von Kärnten, nur weil sich dort die Erde noch nicht aufgetan hat. Die Gefahren, die vom Haider-Voodoo ausgehen, bekommt nun der große Sänger des Landes, Udo Jürgens, zu spüren - nicht ohne eigene Schuld, hat er doch seinerzeit aus der Hand des carinthischen Oberpriesters den höchsten Orden des Landes entgegengenommen und sich damit nach Sektenverständnis zu ewigem Goschenhalten verpflichtet.

So sieht das jedenfalls der amtierende Oberzombie Uwe Scheuch. In "News" und von "Österreich" nachgedruckt verstieg sich Jürgens zu der Ketzerei, er "habe das Recht, Kritik zu üben", und zwar daran, dass "die denken, dass alles großartig ist". "Was in Kärnten vor einigen Jahren begonnen wurde, muss der österreichische Steuerzahler zurückerstatten. Das ganze Land leidet daran. Wir dürfen nicht vergessen, wer das alles angerichtet hat." Und als wollte er Nadeln in eine Puppe des Gottes treiben: Udo findet die Heldenverehrung von Haider furchtbar.

Dazu hält er sich für legitimiert, weil er liebt. Ich liebe Kärnten, ich liebe meine Heimat. Ich werde nie vergessen, dass ich dort geboren bin. Und ich bin ein Kärntner in meiner Seele. Aber deswegen muss ich doch das Recht haben, Kritik zu üben, ohne dass man mich gleich aus dem Land werfen will. Damit glaubt er beim derzeit bestallten Hüter des offiziellen Totenkults durchzukommen. Aber nicht bei Uwe Scheuch! Der Hahn war rasch geschlachtet. Jemand, der dadurch Schlagzeilen macht, dass er über sein Heimatland herzieht, ist nicht mehr würdig, Träger der höchsten Auszeichnung des Landes Kärnten zu sein. Ein wenig Heimatliebe erlaubt noch lange nicht, die Mysterien des lokalen Voodoo in den Schmutz zu ziehen. Auf Künstler, wie Jürgens, die keine Ahnung in der Sache haben, aber glauben, ihren Senf überall dazugeben zu müssen, wenn es darum geht, Kärnten zu beschimpfen, nur um in den Medien überhaupt vorzukommen, braucht Kärnten nicht stolz zu sein. Kurz: "Udo Jürgens soll Orden zurückgeben."

Dem Oberzombie schloss sich ein einschlägig Besessener in Wien an. Lieber Udo, von Zeit zu Zeit schwingst Du verbal die Keule: Bumm-Bumm-Jürgens, so Jeannée in der "Krone". Und nun hast Du wiederum den Knüppel ausgepackt und lässt ihn auf Jörg Haider selig und Deine Kärntner Heimat niedersausen. Wo es Anfang der Neunziger geschah, dass Dir Jörg Haider höchstpersönlich den "Landesorden in Gold" überreichte, was Dir damals zur Ehre und Freude gereichte, heute aber nicht mehr, so es Dir ernst ist mit Deiner Kritik an dem Jörgl, der sich leider Gottes nicht mehr wehren kann. Daher nur zwei Möglichkeiten: zurück mit dem güldenen Plunder. Oder geschwiegen - und das für immer. Denn im Kärntner Voodoo bestätigt ein Orden nicht die Verdienste des Empfängers, sondern die Unantastbarkeit des Verleihers.(Günter Traxler, DER STANDARD; Printausgabe, 2.2.2010)