Deutschen Politikern war es dann irgendwann peinlich. Doch die Österreicher vergaßen nicht so schnell. Noch lange Zeit nach dem Jahr 2000 gehörte eine Frage zum Standard-Repertoire jedes Journalisten, wenn ein deutscher Politiker auftauchte: "War das wirklich nötig, damals mit den Sanktionen?"

Ja, antworteten der deutsche Kanzler Gerhard Schröder und sein grüner Vize Joschka Fischer zunächst. Vor allem Schröder hatte sich ja innerhalb der EU sehr für die Sanktionen starkgemacht. Seine Sorge:Wenn Deutschland und die EU nicht deutlich machen, dass sie entschieden gegen Rechtspopulisten auftreten, dann könnte auch in Deutschland eine derartige Bewegung erstarken.

"Man muss die damaligen Vorgänge auch im EU-Kontext sehen" , sagt Almut Möller, EU-Expertin der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, im Gespräch mit dem Standard. Kurz bevor sich die EU-Staaten auf Sanktionen einigten, hatten die Verhandlungen der EU mit mehreren osteuropäischen Ländern begonnen. Möller: "Deutschland wollte signalisieren, dass in der EU gewisse demokratische Standards gelten." Überhaupt sei die Wertedebatte innerhalb der EU damals noch viel stärker gewesen als heute. Nun beschäftige man sich hauptsächlich mit ökonomischen Fragen.

Kalte Schulter zeigen

Schröder und Fischer fühlten sich vor zehn Jahren auch unter dem Druck, Europa beweisen zu müssen, dass Deutschland aufgrund seiner geschichtlichen Verantwortung energisch gegen rechte Recken kämpft. Für die Umsetzung gab es vom damaligen CSU-Chef Edmund Stoiber regelmäßig Schelte. Auch die Deutschen wollten kein Europa, "das wie wildgeworden über das kleine Österreich herfällt" , giftete er im Februar 2000.

Fischer war dann (im Jahr 2007) der Erste, der von der rot-grünen Sanktionspolitik abrückte. In seinen Memoiren schreibt er, es wäre wohl klüger gewesen, eine "Politik der kalten Schulter" gegenüber Österreich zu vertreten - also die offiziellen Kontakte auf ein Minimum zu beschränken. Diskret und nicht öffentlich hätte man das machen sollen, meinte Fischer sieben Jahre später, die "formelle Erklärung" der EU-Staaten hält er heute für "kontraproduktiv" .

Zur gleichen Einschätzung kam etwas später Ex-Kanzler Schröder. Im November 2008 räumte er in der österreichischen Botschaft in Berlin bei einer Diskussion mit dem ehemaligen österreichischen Kanzler Franz Vranitzky ein, die Sanktionen seien "ein Fehler" und "kontraproduktiv" gewesen. Heute sind die Sanktionen im politischen Berlin kein Thema mehr. (Birgit Baumann aus Berlin/DER STANDARD-Printausgabe, 2. Feber 2010)